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Wir lehnen das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Steueroase Liechtenstein ab

Rede von Richard Pitterle,

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

wir behandeln heute das Doppelbesteuerungsabkommen, das die Bundesregierung mit dem Fürstentum Lichtenstein ausgehandelt hat. Viele verbinden mit dem Namen Lichtenstein eine der Steueroasen in Europa. Dies leider nicht zu Unrecht.
Sie erinnern sich: der damalige Postchef Klaus Zumwinkel – 2008/2009? Richtig: In Liechtenstein lag das Geld - gut versteckt.

Lichtenstein steht aber für mehr als ein Geschäftsmodell des Steuerhinterziehung. Lichtenstein ist ein kleines schönes Land mitten in Europa, verfügt über eine Industrie, die ihre Produkte weltweit exportiert und hat viele kluge Menschen hervorgebracht. Mein Eindruck nach zahlreichen Gesprächen in und außerhalb von Lichtenstein mit den politisch Verantwortlichen war, dass man erkannt hat, das das „Geschäftsmodell Steu-erhinterziehung“ das Land in die Sackgasse geführt hat und man daher auch im Inte-resse der heimischen Industrie neue Wege gehen will, um sich nicht in Europa zu iso-lieren.

Meine Damen und Herren, bei dem jetzt vorliegenden Abkommen geht es zwar nur um die Verhinderung der Doppelbesteuerung, nicht um die Nachbesteuerung von bisher unversteuerten Kapitalanlagen deutscher Steuerpflichtiger in Liechtenstein, auch nicht um die Einführung eines Verfahrens für eine Besteuerung von Kapitaleinkünften. Daher ist das vorliegende Abkommen nicht mit dem Schweizer Steuerabkommen zu vergleichen.

Doch ein Abkommen über die Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einer früheren Steueroase ist nicht unproblematisch, denn es kann den ruinösen Steuerwettbewerb zwischen den Staaten weiter anheizen. Das ist dann der Fall, wenn die Steueroase von einer direkten Steueroasenpolitik zu einer Niedrigsteuerpolitik wechselt. Das trifft auf Liechtenstein zu.

Zwar hat Liechtenstein versprochen, zukünftig eine sogenannte Weißgeldstrategie zu verfolgen, also versprochen, dass seine Banken nur noch Geld von den Kunden an-nehmen dürfen, die zuvor schriftlich erklären, ihre Vermögenswerte korrekt versteuert zu haben.

So sehr ich die Botschaft gerne höre, die mir von den politisch Verantwortlichen aus Lichtenstein übermittelt wird, es fehlt mir doch der Glauben.

Es ist die fehlende Bereitschaft zum automatischen Informationsaustausch, die ich vermisse. Für mich ist das nach der Vorgeschichte jedoch ein wesentlicher Baustein für eine Aufarbeitung und einen Neuanfang. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt.
Sie erlaubt einen Teil der Bevölkerung, sich aus der Finanzierung der Gesellschaft zu verabschieden und das auch noch zu einem Zeitpunkt, wo die braven Steuerbürgerin-nen und Bürger für die Spekulationsverluste der Zocker einstehen müssen.
Daher lehnen wir als Linke gegenwärtig das Abkommen ab.

Alternativen zu diesem Abkommen liegen auf der Hand – Deutschland könnte:
1. gemeinsam mit seinen europäischen Partnern auf die schnelle Verabschiedung und Umsetzung der erweiterten EU‐Zinsrichtlinie hinwirken;
2. gemeinsam mit den USA ein FATCA‐ähnliches Gesetzespaket verabschieden sowie
3. ähnlich wie Großbritannien eine Offenlegungseinrichtung mit Liechtenstein aus-handeln, um sicherzugehen, dass künftig alle Konten und Wirtschaftsstrukturen deutscher Steuerpflichtiger in Liechtenstein dem deutschen Fiskus gemeldet wer-den.

Wenn Sie das heute vorliegende Abkommen mit ihrer Koalitionsmehrheit beschließen, müssen u.E. weitere Schritte folgen: nämlich – wie bereits erwähnt – die Nachbesteue-rung von bisher unversteuerten Kapitalanlagen deutscher Steuerhinterzieher in Liech-tenstein sowie die Einführung eines Verfahrens für eine Besteuerung von Kapitalein-künften. Dass sich das lohnt, haben wir bei den USA gesehen: Über 98% der US‐Konten in Liechtenstein waren nicht deklariert und damit Schwarzgeld.

Vielen Dank.