"Rede der umweltpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Eva Bulling-Schröter zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "EU-Kommission muss nationale Tierschutzbemühungen respektieren"."
"Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich noch gut an einen Donnerstagabend kurz vor Weihnachten, als auf "Phoenix“ wieder einmal ein Bericht über die erschreckenden Zustände bei den Tiertransporten in den Libanon gezeigt wurde. Dieser erschütternde Film rüttelte offensichtlich sogar die auf EU-Ebene Verantwortlichen so sehr auf, dass überraschenderweise ganz schnell ein Verbot solcher Tiertransporte verordnet wurde. Das war ein großer Erfolg für ein Anliegen, für das sich viele Menschen schon seit etlichen Jahren eingesetzt haben. (Hans-Michael Goldmann (FDP): Oh ja! Darüber freuen sich vor allen Dingen die Brasilianer!) Auch im Bundestag haben wir bereits des Öfteren darüber diskutiert. Das ist also ein positives Beispiel. Jetzt zum Negativen. Für uns ist es völlig unverständlich, dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich anstrengt, (Hans-Michael Goldmann (FDP): Richtig!) weil das Land Gesetze im Sinne des Tierschutzes erlässt. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Österreicher haben ein Verbot erlassen, das in Deutschland noch ansteht: Die Haltung und Mitwirkung von Wildtieren in Zirkussen ist dort nicht mehr erlaubt. (Hans-Michael Goldmann (FDP): Ja, genau!) Das ist, wie ich meine, ein gutes und vernünftiges Gesetz. Es kann nicht sein, dass derlei über das Dogma des so genannten freien Dienstleistungsverkehrs wieder ausgehebelt werden soll. Deshalb unterstützen wir den Antrag der Grünen und fordern die Bundesregierung auf, hier tätig zu werden. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann (FDP)) Wer den Tierschutzbericht liest, kommt an einer Zahl nicht vorbei: Es werden noch immer mehr als 2 Millionen Wirbeltiere in Tierversuchen verbraucht. Das sind 2 Millionen zu viel. (Hans-Michael Goldmann (FDP): Nein!. Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Wollen Sie etwa an Menschen testen?) Die Förderung von tierversuchsfreien Methoden muss forciert werden, und zwar zügig. Ich denke, hier sind wir uns einig. Dafür braucht man Geld, nicht aber für die Tierversuche. Nach wie vor vegetieren fast 39 Millionen Hennen in Legebatterien. Wir gehen davon aus, dass sich die große Koalition an den Beschluss halten wird, die Haltung von Hennen in Käfigbatterien zum Jahr 2007 zu beenden. Das Bundesverfassungsgericht hat ja klar definiert, was unter artgerechter Haltung von Hühnern zu verstehen ist. Dies darf nicht dem Druck bestimmter Lobbyisten zum Opfer fallen. Diese Gefahr besteht, Herr Müller. Neben den Hennen leiden aber auch andere Vögel. Sie alle kennen die Bilder von in Netzen gefangenen Papageien, von Transportkisten, in die Hunderte Vögel auf dem langen Transport aus den Wäldern Afrikas, Südamerikas oder Asiens nach Europa halbtot eingepfercht sind. Schätzungsweise 3,5 Millionen Wildvögel werden jedes Jahr für den Heimtiermarkt in der Europäischen Union eingefangen. Mindestens die Hälfte der Tiere erstickt, verhungert oder verdurstet, bevor der Endabnehmer überhaupt erreicht ist. Die massenhafte Einfuhr von Wildvögeln ist nicht nur grausam, sie ist auch völlig überflüssig. Hiesige Vogelzüchter züchten die exotischen Arten seit langem, doch die Zuchttiere können mit den billigen Wildfängen preislich nicht konkurrieren. Während Fang und Haltung einheimischer Wildvögel in der EU streng verboten sind, gelten exotische Vögel nach wie vor als „vogelfrei“. Wir halten das für absurd. So stammen neun von zehn importierten Papageien aus freier Wildbahn. Die Bestände zahlreicher Arten sind infolge des wildwüchsigen Handels bereits zusammengebrochen. Es ist also höchste Zeit, dass die Bundesregierung und die gesamte EU endlich dem Beispiel anderer Länder folgen, zum Beispiel den USA, und diesen Handel verbieten. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, es gibt noch viel zu tun; darüber sind wir uns einig. Unter anderem steht die Verbandsklage im Tierschutz nach wie vor auf der Agenda. Zeigen Sie, dass eine große Koalition auch eine große Koalition für den Tierschutz sein kann! Sie haben die Mehrheit und auch unsere Unterstützung, wenn Sie es denn Ernst damit meinen. Dazu gehören natürlich auch Kälberstricke, Herr Staatssekretär Müller. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Er läuft lieber frei rum!)"
Wir brauchen eine große Koalition für den Tierschutz!
Rede
von
Eva Bulling-Schröter,