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Weichen für einer vernünftige Verkehrspolitik stellen

Rede von Dorothée Menzner,

Seit 1994 investierten die Steuerzahler über 70 Milliarden Euro in die Bahn. Trotzdem liegt die Bilanzsumme nur bei 50 Milliarden Euro. Wieso? Beide Zahlen stehen in krassem Gegensatz zum aktuellen Wiederbeschaffungswert, der mit 200 Milliarden Euro zu veranschlagen ist. Kein Kaufmann und keine Kauffrau würden so rechnen.

Wir meinen, dass nach diesem ganzen Zahlensalat die Notbremse zu ziehen ist und dass wir endlich gemeinsam aufräumen, Transparenz schaffen und klären müssen, was eigentlich die Grundlage ist.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Fraktion Die Linke fragt sich, ob es sinnvoll ist, in althergebrachter Weise ganze Lafetten von Anträgen zur Änderung des Haushaltes einzubringen. CDU/CSU und SPD haben hier eine robuste Mehrheit. Daher lassen wir doch das Spiel mit den sinnlosen Anträgen und konzentrieren wir uns hier und heute auf das Wesentliche!
Zurzeit wird in München der Transrapid gepuscht. Mit viel Trara wird dort dem Transrapid die Bresche geschlagen. Die 100 Millionen Euro, die die Regierung im nächsten Jahr dafür einplant, würden wir besser sparen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Zweierlei am geplanten Transrapid ist nämlich grundverkehrt:
Erstens. Sollte er tatsächlich Wirklichkeit werden, muss der Steuerzahler auch zukünftig weitere Hunderte Millionen Euro in ihn stecken.
Zweitens. Jede Bahn, die in einer Sackgasse endet, wird nur wenig Verkehr an sich ziehen.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ich glaube, Sie sind mit der Situation in München nicht vertraut!)

Wer nun einwendet, der Transrapid sei ein Touristenmagnet, möge - so ist unsere Überzeugung - den Transrapid aus Kulturmitteln bezahlen! Verkehrswirtschaftlich ist für uns klar: Fluggäste mit viel Gepäck, Begleitende, Zuschauer oder Dienstpersonal ziehen es allemal vor, das Auto zu nutzen und nicht Fahrpreise zu zahlen, die unter Umständen weit teurer sind als ihr Flugticket, erst recht wenn sie mit ihrem ganzen Gepäck und Geraffel auch noch mühsam umsteigen müssen, weil es keinen Anschluss gibt. Flughafenbahnen kommen nur infrage, um einen Flughafen von mehreren Seiten ans Verkehrsnetz anzubinden.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Welch eine Unkenntnis!)

Dieses Problem ist übrigens auch beim künftigen Flughafen Schönefeld BBI bislang nicht gelöst.
Kommen wir nun zu dem verkehrspolitischen Thema, das uns zurzeit am meisten beschäftigt, das am meisten diskutiert wird und auch von der Öffentlichkeit deutlich wahrgenommen wird: der Zukunft der Bahn. Die Menschen, die Wirtschaft, alle brauchen vernünftige Lösungen. Doch was tun wir hier? Wir haben uns mit dem PRIMON-Gutachten befasst, haben Anhörungen durchgeführt. In allen Fraktionen gibt es nach wie vor mannigfache Bedenken. Drei möchte ich hier herausgreifen.
Erstens: magere Erlöse, egal nach welchem Modell wir die Bahn verkaufen.
Zweitens: kaum Hinweise, wie wir dann die Ziele der Bahnreform erreichen wollen.
Drittens die Erkenntnis, dass vage Planungsdaten der DB AG die Grundlage für den 500-seitigen Zahlensalat sind, der mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt, Fragen, die da lauten: geminderte Bilanzwerte, versteckte Werte, bleibende Schulden.
Auch dazu an dieser Stelle drei Zahlen: Seit 1994 investierten die Steuerzahler über 70 Milliarden Euro in die Bahn. Trotzdem liegt die Bilanzsumme nur bei 50 Milliarden Euro. Wieso? Beide Zahlen stehen in krassem Gegensatz zum aktuellen Wiederbeschaffungswert, der mit 200 Milliarden Euro zu veranschlagen ist. Kein Kaufmann und keine Kauffrau würden so rechnen.
Wir meinen, dass nach diesem ganzen Zahlensalat die Notbremse zu ziehen ist und dass wir endlich gemeinsam aufräumen, Transparenz schaffen und klären müssen, was eigentlich die Grundlage ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wurschteln dagegen weiter, während die Bahn verhackstückt werden soll. Die Diskussion darüber geht in Richtung eines Integrations- oder eines Eigentumsmodells. Aber eigentlich werden die Entscheidungen schon ganz woanders vorbereitet. Das nennt sich dann Lenkungsausschuss und läuft - man merke - ohne Beteiligung der Opposition.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jeder, der den Haushalt liest oder der tagtäglich auf die Straßen schaut, weiß, dass eines der größten Probleme der Güterverkehr ist. Wenn wir schon zuschauen, wie die Produktion aus Deutschland abwandert, dann müssen wir auch den Konsequenzen ins Auge schauen.
Ich meine Seeschiffe mit 6 000, 8 000 und zukünftig 10 000 Containern, die tagtäglich in den Nordseehäfen anlegen. Soll das heißen, dass jeder weitere Container einen weiteren Laster auf deutschen Straßen bedeutet? Wollen wir da nicht lieber gemeinsam die Weichen in Richtung einer vernünftigen Verkehrspolitik und in Richtung einer vernünftigen Bahn stellen?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Statt dieser Flickschusterei wäre das eine Aufgabe und wäre das ein gemeinsames Konzept wert.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wollen wir die in Hamburg stehen lassen?)

Ich appelliere an Sie, hier gegenzusteuern und Nachhaltigkeit zu entwickeln. Behalten wir die Bahn im Bundeseigentum, stellen wir ihren wirklichen Wert fest und finden wir die milliardenschweren Logistikfirmen, die sofort zu Geld gemacht werden können, das wir dann in den Streckenausbau stecken können.
Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir zum Schluss noch eine kurze Bemerkung zum Einzelplan 60. Auch hier hat die Regierung nicht korrekt gearbeitet. Die Regierung wollte die Gelder für Bahn und Bus kürzen. Doch was finde ich jetzt in dem Entwurf für den Haushalt 2007? Da steht immer noch der ungekürzte Betrag von 7,266 Milliarden Euro.
Dazu stelle ich fest: Wir beschließen hier gegen die Stimmen der Linksfraktion eine Kürzung, aber die ungekürzte Zahl findet sich im neuen Haushalt 2007. Für uns geht diese Schlamperei in Ordnung. Wir waren von Anfang an dagegen und freuen uns, dass auch Sie offensichtlich eingesehen haben, dass die Kürzung der Regionalisierungsmittel nicht nötig ist.

(Beifall bei der LINKEN)