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Was darf die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung?

Rede von Janine Wissler,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der Bundestag die Entscheidung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, kurz EBWE, bestätigen, dass die Bank zukünftig auch in afrikanischen Ländern südlich der Sahara und im Irak tätig werden darf. Die EBWE, die laut Satzung – Zitat – „den Übergang zur offenen Marktwirtschaft begünstigen sowie die private und unternehmerische Initiative fördern soll“, wurde 1991 gegründet, vor allem, um den Systemwechsel in den Ländern Osteuropas voranzutreiben. Seitdem hat sie ihren Aktionsradius immer weiter ausgedehnt, zum Beispiel auf die Mongolei, auf viele Länder des Mittelmeerraums wie auf die Türkei, Marokko, Tunesien, Ägypten, den Kosovo und zuletzt auch den Libanon, die Westbank und Gaza. Seit 2014 hat sich die EBWE vor allem auf Finanzierungen für die Ukraine konzentriert.

Klar ist, dass wirtschaftliche Entwicklung Investitionen erfordert und dass es gut ist, wenn diese dann durch eine Entwicklungsbank unterstützt werden. Es stellt sich aber die Frage, die sich nicht erst jetzt mit der Erweiterung des Tätigkeitsfeldes stellt: Ist es politisch legitim, wenn eine Entwicklungsbank in den Empfängerländern politische Ziele wie Marktliberalisierung oder eine klare Westorientierung verfolgen soll?

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja! – Zuruf der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])

Geht es da wirklich um nachhaltige Entwicklung, oder geht es um geopolitische Interessen? Wir sind sehr für die Förderung von nachhaltiger Entwicklung.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

Die neoliberalen Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank haben Hunderte Millionen Menschen in den Ländern des Südens in noch tiefere Armut gestürzt. Ist das Hilfe zur Entwicklung, oder ist das nicht vielmehr die Einmischung der Hauptaktionäre solcher Finanzinstitutionen, nämlich allen voran der USA, der Bundesrepublik, der restlichen G-7-Staaten, zum eigenen Vorteil? Das ist unsere Kritik daran.

Für den aktuellen Erweiterungsschritt der EBWE stellt sich die Frage umso dringlicher angesichts der unzähligen Finanziers, die jetzt schon unterwegs sind, insbesondere in den afrikanischen Ländern, wo schon die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank, diverse bilaterale Kreditfinanzierungen, für Deutschland unter anderem auch die KfW, und Finanzierungsangebote seitens Russlands und Chinas miteinander konkurrieren. In einer Zeit wachsender Rivalitäten und einer drohenden neuen Blockkonfrontation wirkt die Ausweitung des Betätigungsfeldes der EBWE eher wie ein weiterer Mosaikstein im Panorama rivalisierender Imperialismen und geopolitischer Interessen, und es wirkt eben nicht wie das Ausstrecken einer helfenden Hand.

Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir werden uns dazu enthalten. Wir brauchen nachhaltige Entwicklung. Wir brauchen eine Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit, unbedingt, aber die darf nicht geopolitischen Interessen und wirtschaftlichen Interessen des Westens untergeordnet sein.

(Beifall bei der LINKEN)