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Walschutz ohne Alternative

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Konsequenten Walschutz fortsetzen und verbessern > Drucksache 17/1982

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 1987 veröffentlichte Hans Magnus Enzensberger einen Essay mit dem Titel Böhmen am Meer, geschrieben im Jahr 2006 von einem fiktiven amerikanischen Zeitungskorrespondenten namens Timothy Taylor.
Darin „berichtet“ dieser Journalist unter anderem von einer Berliner Konferenz zum Artenschutz, wobei die Mauer und der Grenzstreifen nach Auflösung der innerdeutschen Grenze als Naturschutzgebiet dienen sollen. Es werden verschiedene fiktive Aussichten auf die Zukunft geboten, wobei die Verwandlung des Geländes der Berliner Mauer in ein Biotop fast genau der heutigen Realität entspricht.

Damit sind wir bei zwei Themen, die der zur Abstimmung stehende Antrag tangiert: beim Thema Artenschutz und bei der Mauer, die in den Köpfen der Antragsteller offensichtlich im Gegensatz zur Realität immer noch existiert. Die Linke ist nicht deshalb nicht unter den antragstellenden Fraktionen, weil sie kein Herz für Wale hat, sondern deswegen, weil insbesondere die CDU/CSU-Fraktion
(Manfred Grund (CDU/CSU): Mit den großen Tieren habt ihr es nicht so!)

in der üblichen undemokratischen und unparlamentarischen Manier die Existenz der Linken nicht wahrhaben will. Darum wurden wir weder bei der Erarbeitung des Antrages einbezogen, noch gestattete man uns, den Antrag als fünfte Fraktion mit zu unterzeichnen. Das zeigt wieder einmal Ihre politische Unreife.
(Beifall bei der LINKEN)

Auch wenn wir das langsam gewohnt sind, enttäuscht es mich immer wieder. Das ist übrigens nicht nur unreif, sondern auch heuchlerisch; denn in Ihrem Antrag schreiben Sie:
Um den Verlust der Arten zu bekämpfen, müssen national wie international alle Kräfte gebündelt werden.
Das ist auch richtig. Auf die Kraft von 76 linken Bundestagsabgeordneten scheinen Sie aber verzichten zu wollen. Ich finde, ein so wichtiges Thema wie der Walschutz müsste doch das Potenzial haben, den Kalten Krieg in den Köpfen der CDU/CSU-Fraktion zu beenden.
(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir zum Inhalt. Für mich geht es nach wie vor darum, dass die Ächtung des Walfangs Allgemeingut wird, gerade auch in Ländern, in denen er praktiziert wird. Ich habe nun mehrmals gehört, dass Japans Jugend deutlich weniger Interesse am Walfang hat, als dies die offizielle japanische Politik darstellt. Die Definition des Walfangs als wissenschaftlich zeigt doch bereits, dass der kommerzielle Walfang sonst keine Unterstützung in der Bevölkerung fände. Die Ergebnisse der japanischen Walforschung sind allerdings offenkundig so dürftig, dass sie von keinem internationalen wissenschaftlichen Journal zur Veröffentlichung angenommen wurden. Island ist neben Japan übrigens das zweite Land, das Walfang zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken betreibt. Dies ist brisant. Hier wird, wie es schon im Antrag steht, einiges bei den EU-Verhandlungen zu klären sein. Immerhin hat Island 2002 das Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs unterzeichnet.

Uns muss klar sein, dass der Schutz von Walen weit mehr ist, als das Bejagen dieser Meeressäuger zu reduzieren und möglichst nur noch den indigenen Walfang zu erlauben. Dazu gehört auch der Schutz der Meere vor Stoffeinträgen, Verschmutzungen, Lärm vor allem durch technische Anlagen und Schiffe und Öl sowie vor industrieller Fischerei.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Themen bilden ein anspruchsvolles Politikfeld, wenn wir den Walschutz wirklich ernst nehmen wollen. Doch die Politik der Bundesregierung verhält sich zu nachhaltiger Umweltpolitik genauso - und hier möchte ich auf den Anfang meiner Rede zurückkommen - wie Böhmen zum Meer: Sie ist weit davon entfernt.
Dieser Antrag ist aus unserer Sicht durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sind nicht so wie Sie: Wir stimmen dem Antrag zu, auch wenn wir ihn nicht mit erarbeiten durften. Sie sollten sich aber noch einmal überlegen, mit wem sie in Zukunft Gemeinsamkeiten sehen und mit wem nicht.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN)