Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 85 Millionen Tonnen Fisch werden jährlich gefangen. Mit in die Netze gehen 30 Millionen Tonnen Meerestiere, Jungfische, Seesterne, Muscheln, Krebse, Haie und 60 000 Wale, die keiner will Beifang, behandelt wie Müll. Zu diesem Müll gehört auch der Grauwal, ein Nomade der Meere. Im Laufe seines Lebens schwimmt er eine Strecke bis zum Mond und wieder zurück. Nationalstaatliche Rechtsklüngeleien sind ihm wurscht; er kennt keine Grenzen. Deshalb sind internationale Regeln so wichtig, auch und gerade im Meer.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nur sie können diesen gigantischen Säuger vor Fisch- und Walfang schützen, wie das Walfangmoratorium von 1982.
Jetzt beginnt es zu bröckeln. Die Japaner wünschen sich eine „Normalisierung“ der Internationalen Walfangkommission, das heißt die Wiedereinführung des kommerziellen Walfangs. Bei der letzten IWC-Tagung waren 30 Mitgliedstaaten dafür. Ich halte das für eine Tragödie.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber noch lebt das Moratorium. Es muss weiterleben, ohne Wenn und Aber. Deshalb fordern wir: Erstens. Keine als Wissenschaft getarnten Walfänge.
Zweitens. Keine Quotenfänge und deshalb kein Revised Management Scheme. Dieser geschwollene Begriff steht für Bewirtschaftungsverfahren und bedeutet Quotenfang durch die Hintertür. Drittens. Ein nationales Verbot für den Verkauf jeglicher Walprodukte - wo kein Absatzmarkt, da keine Gewinnaussichten.
(Beifall bei der LINKEN)
Viertens. Kein internationaler Handel mit Walprodukten. Entsprechende Resolutionsvorschläge sind abzulehnen. Fünftens. Kein Small-Type Coastal Whaling. Wer hier so putzig von traditionellem oder subsistenzwirtschaftlichem Küstenwalfang spricht, der lügt. Küstenwalfang ist kommerzieller, gnadenloser Walfang. Deshalb stimmen wir beiden Anträgen zu.
Sechstens. Wale und Delfine sollen nicht nur vor dem Fang geschützt werden. Dreck aus der Chemie- und Ölindustrie, Lärm, zerstörerische Fischfangflotten, Militär und Munitionssprengungen gefährden die Säuger ebenfalls.
Meine Damen und Herren, alle weltweit bekannten Walarten sind gefährdet, auch die vor der eigenen Haustür. Frau Staatssekretärin Klug, im April hat das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Clausthal-Zellerfeld eine Untersuchung der Erdgasvorkommen mit seismischen Tests in der Nordsee genehmigt. Dass es in der Nordsee Schweinswale gibt, ist bekannt. Seit wenigen Tagen weiß man auch, dass es am Testort sogar Zwergwale gibt. Vielleicht nicht mehr lange: Schallimpulse mit 260 Dezibel donnern alle acht Sekunden und 24 Stunden täglich bis zum Herbst durch das Wasser - in einem Naturschutzgebiet! Das ist qualvoller Lärm für die Wale. Zum Vergleich: Wenn auf Ihrer Schulter ein Feuerwerkskörper explodiert, dann ist das nur halb so laut wie das, was den Walen angetan wird.
Ich frage mich schon, warum das Bergbauamt nicht den Empfehlungen des Bundesamts für Naturschutz folgt. Wir müssen auch hier die Wale schützen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb fordert die Linke für die einheimischen Walarten erstens einen sofortigen Stopp der seismischen Test in der Nordsee, zweitens keine Genehmigung von Munitionssprengungen in der Ostsee, drittens die Aufnahme von Großwalen in das ASCOBANS-Abkommen, viertens die Ausdehnung und Erforschung weiterer Meeresschutzgebiete und fünftens Regeln, wie und wann seismische Tests gemacht werden dürfen. Das, denke ich, müssen wir jetzt angehen. Danke.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Walschutz - auch vor der eigenen Haustür!
Rede
von
Eva Bulling-Schröter,