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Wahlprozess im Kongo ohne europäische Truppen!

Rede von Monika Knoche,

Auch durch die deutsche Politik erfahren die Menschen dass die Globalisierung latent immer ein kriegerisches, nicht friedliches Unterfangen sein wird. Wir sehen, dass sich die Interessen in Afrika auf den Sudan und jetzt auch auf den Kongo konzentrieren. Wir haben erlebt, dass der Kampf gegen den Terror in einer globalisierten Welt in Afghanistan zu einem Krieg geführt hat. Die Antworten auf die Globalisierung fallen aber auf anderen Kontinenten völlig anders aus als in Deutschland. Schauen wir uns zum Beispiel den postneoliberalen Prozess in Lateinamerika an! Das ist eine Antwort auf die Globalisierung, mit der man sich gegen den Verlust staatlicher Sicherungssysteme und für die Beibehaltung der Ressourcenwahrung in nationaler Hand ausspricht. Monika Knoche in der Generaldbatte zum Etat 2006 des Bundeskanzleramts:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine werten Herren und Damen Abgeordnete! Ich möchte mich zunächst gerne an Sie wenden, Herr Dr. Hoyer. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das ist immer gut!) Mir haben Ihre letzten Ausführungen zum Kongo sehr gut gefallen. Wer sich das EU-Mandat genau anschaut, kann sich angesichts der Zusammensetzung der Formation des Eindrucks nicht erwehren, dass die ehemaligen europäischen Kolonialmächte in Afrika wieder präsent sind. Was wir auf gar keinen Fall akzeptieren können, weder wir Linke noch der Deutsche Bundestag - ich denke, hier spreche ich im Interesse der Menschen in der gesamten Bundesrepublik -, ist eine neokoloniale Politik in Afrika. Das muss auf jeden Fall vermieden werden. (Beifall bei der LINKEN - Markus Löning [FDP]: Ihre Leute waren schon immer dafür, Völkermord gewähren zu lassen!) Ich denke, der eleganteste, der beste, der politisch korrekteste Weg wäre es, deutsche Soldaten gar nicht erst dorthin zu schicken. (Beifall bei der LINKEN) Ich möchte jetzt den Zusammenhang herstellen und aufgreifen, was der Außenminister an den Anfang seiner Rede gestellt hat. Sie haben von der Globalisierung gesprochen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Menschen - auch durch die deutsche Politik - erfahren, dass die Globalisierung latent immer ein kriegerisches, nicht friedliches Unterfangen sein wird. Wir sehen, dass sich die Interessen in Afrika auf den Sudan und jetzt auch auf den Kongo konzentrieren. Wir haben erlebt, dass der Kampf gegen den Terror in einer globalisierten Welt in Afghanistan zu einem Krieg geführt hat. Die Antworten auf die Globalisierung fallen aber auf anderen Kontinenten völlig anders aus als in Deutschland. Schauen wir uns zum Beispiel den postneoliberalen Prozess in Lateinamerika an! Das ist eine Antwort auf die Globalisierung, mit der man sich gegen den Verlust staatlicher Sicherungssysteme und für die Beibehaltung der Ressourcenwahrung in nationaler Hand ausspricht. (Beifall bei der LINKEN) Man ist dort aus Erfahrung gegen die Privatisierung. Ich kann nicht verstehen, warum in der Rede des Außenministers kein einziges Wort zu dem Kontinent Lateinamerika gefallen ist. (Beifall bei der LINKEN) Das muss doch allmählich in unseren Fokus aufgenommen werden, wenn wir über diese weltweiten Fragestellungen sprechen. (Markus Löning [FDP]: Sie können ja Castro und seine Menschenrechtspolitik noch ein bisschen loben!) - Ich hätte nichts dagegen, wenn Sie sich über die demokratischen und zivilen Errungenschaften in Kuba Gedanken machen würden. Manches Bild, das Sie zeichnen, würde sich angesichts der Realität nicht mehr behaupten können. Da bin ich mir sehr sicher. (Beifall bei der LINKEN) Ich möchte jetzt aber keine Rede über Kuba oder Lateinamerika halten. Wir werden, wenn der EU-Gipfel in Wien stattfindet, sicherlich noch über unsere Position zu Lateinamerika sprechen können. Ich halte es allerdings für sehr wichtig, dass sich dieses Haus Gedanken darüber macht, wie in dieser globalisierten Welt die Reform der UNO und des UN-Sicherheitsrates aussehen wird. Wir haben schon gelegentlich unsere Vorstellung transportiert, dass in einem reformierten UN-Sicherheitsrat Lateinamerika unbedingt einen Sitz haben muss und dass es erforderlich ist, dass auch Afrika mit einer eigenen Stimme spricht. Das zeigt sich jetzt besonders deutlich, da die Afrikanische Union in der Frage des Kongos sozusagen übergangen worden ist. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist doch dummes Zeug!) Die UNO hat sich in dieser Sache an die EU-Ebene gewandt. Nun muss Solana in den Kongo reisen, um Kabila davon zu überzeugen, dass er europäisches Militär zur Sicherung der Wahlen braucht. Es bedarf unbedingt einer Veränderung unseres Blicks auf die Welt, um die neue eine Welt als einen friedlichen Prozess zu begreifen, der die Demokratisierung und die Gleichheit aller zum Ziel hat und dies mit friedlichen Mitteln durchsetzt. (Beifall bei der LINKEN) Eine solche UNO brauchen wir. Im Deutschen Bundestag brauchen wir eine Debatte darüber, was der originär deutsche Anteil sein kann, um einen solchen Prozess einzuleiten. Herr Steinmeier, Sie haben über die Europäische Verfassung gesprochen. Sie dürfen nicht übersehen, dass es der europäische Verfassungskonvent nicht geschafft hat, die politische Willensbildung der Bevölkerungen in einen Verfassungsentwurf zu transportieren. Manche Parlamente haben dem Entwurf zugestimmt, manche Voten der Bevölkerung waren positiv, aber die Europäische Verfassung ist im Ergebnis tot. Sie ist gescheitert. Viele osteuropäische Staaten, die neu hinzugekommen sind, wollen keine Renaissance des europäischen Verfassungsprozesses; sie haben vielmehr ein großes Interesse daran, dass die Verträge überarbeitet werden, wir von der Lissaboner Strategie loskommen und die Ideologie des Neoliberalismus endlich in Europa ein Ende findet. (Beifall bei der LINKEN) In dieser Hinsicht wird im Deutschen Bundestag eine Diskussion über die Frage, wie es mit der Europäischen Verfassung weitergehen soll, notwendig sein. Sie dürfen gewiss sein, dass wir als Linke dazu unseren proeuropäischen Beitrag leisten werden. Die heutige Debatte beinhaltet viele wichtige Themen, die es wert wären, ausführlich darüber zu sprechen. Ich kann deshalb beim besten Willen nicht verstehen, warum es den Regierungsfraktionen, der FDP und den Grünen so ungemein wichtig war, heute über Belarus nach der Wahl zu sprechen. (Markus Löning [FDP]: Sie halten das wohl für Demokratie, was da passiert ist!) Wir haben bereits vor der Wahl eine Debatte über Belarus geführt. Ihnen war es damals ein Anliegen, uns zu diskreditieren, was Ihnen aber nachweislich nicht gelungen ist. Die Linke kann nicht als antidemokratische Kraft diskreditiert werden. (Beifall bei der LINKEN - Markus Löning [FDP]: Sie finden doch Lukaschenko so super!) - Ich glaube, Sie reden im Moment ziemlich heftigen Unsinn. Sie sollten die Debatte nachlesen. Ich finde es viel wichtiger, sich das Ergebnis der Wahl in der Ukraine anzuschauen. Die orangene Revolution kann als gescheitert betrachtet werden; denn die Bevölkerung hat ihre Erfahrung damit gemacht und ein Jahr nach der Revolution völlig anders gewählt. Das sollte Anlass für uns sein, mit den Staaten, die einen postsowjetischen Prozess durchgemacht haben, in eine andere Form des Dialogs einzutreten. (Markus Löning [FDP]: Was wollen Sie denn? Wollen Sie, dass der Sozialismus wieder einzieht?) Wir müssen uns hier im Parlament mit diesem Thema anders befassen, als demokratische Revolutionen mit anzuzetteln, wie es die Kollegin Beck formulierte. (Markus Löning [FDP]: Da sind Sie dagegen! Das kann ich mir gut vorstellen!) Ich glaube, es geht nicht um Menschenrechtspolitik, wie wir sie uns vorstellen. Menschenrechtsfragen und Menschenrechtspolitik dürfen nicht instrumentalisiert werden, um Systemwechsel herbeizuführen. Das ist eine wichtige Komponente einer wirklich aufgeklärten Menschenrechtspolitik. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Markus Löning [FDP]: Dann loben Sie weiter Fidel Castro!) Wir müssen jetzt eine Entscheidung bezüglich des Kongos fällen und Sie lenken mit Debatten zu Weißrussland ab. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unglaublich!) Mit dem Kongo müssen wir uns ausgiebig befassen, ich will hier nur einige wenige Worte dazu sagen. Schauen wir uns an, wie das Mandat zustande gekommen ist. Aller Voraussicht nach wird es ein UN-Mandat nach Kap. VII sein. Es soll also ein militärischer Einsatz erfolgen, an dem sich die Deutschen vielleicht nicht aktiv, aber passiv beteiligen, während die Franzosen die aktive Rolle übernehmen. Ich möchte dazu sagen: Es sollte gewährleistet sein, dass freie demokratische Wahlen durchgeführt werden. (Kurt Bodewig [SPD]: Das ist doch schon etwas!) Die Menschen im Kongo haben nicht die Zuversicht und den Glauben, dass Wahlen ihnen Frieden, Freiheit und Demokratie bringen werden. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Woher wissen Sie denn das? Sind Sie einmal da gewesen?) Denn es gibt dort verschiedene Milizen, deren Führer demokratische Wahlen ablehnen. Niemand kann voraussagen, ob eine Wahl bürgerkriegsähnliche Zustände auslösen wird. Auch der Einsatz deutscher Soldaten im Kongo kann nicht gewährleisten, dass die Präsidentschaftswahl friedlich verläuft. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es hat eine Volksabstimmung gege-ben! - Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Die Bevölkerung hat mit 85 Prozent für die neue Verfassung gestimmt!) Eine freie demokratische Wahl muss aber unser erstes Ziel sein. (Beifall bei der LINKEN) Was geschieht, wenn das Ziel nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitraums von vier Monaten erreicht wird? Sie werden doch hier nicht in aller Öffentlichkeit sagen wollen, dass die Truppen dann unverrichteter Dinge wieder abziehen werden. Sie werden ein neues Mandat fordern und dann werden die europäischen Truppen zu einer Bürgerkriegspartei werden. Sie könnten Parteinahme betreiben und genau das muss vermieden werden. (Beifall bei der LINKEN - Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Keine Ahnung!) Wenn man den Prozess unterstützen will, dann darf man keine europäischen Truppen dorthin führen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist überschritten. Monika Knoche (DIE LINKE): Die Hierarchie der europäischen Entscheidungen erlaubt es de facto nicht - das ist ein zentrales Argument -, dass wir das Mandat des Parlaments, das das beste Recht des Parlaments ist, wahrnehmen und entscheiden, wo die Truppen hingehen und was sie dort machen. Wenn das EU-Mandat steht, werden wir diese demokratische Verantwortung für den soldatischen Auftrag nicht wahrnehmen können. (Beifall bei der LINKEN