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Vertragstreue Abschaltung alter Atomkraftwerke in Osteuropa

Rede von Hans-Kurt Hill,

Sehr geehrte Frau Präsidentin / Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in einigen osteuropäischen Staaten planen die Regierungen das Wiederanfahren von alten, maroden Atomkraftwerken. Dass dieses Vorgehen gegen EU-Beitrittsvereinbarungen verstößt, schert diese Länder herzlich wenig. Warum auch? Schließlich lebt Deutschland derartige Rechtswidersprüche vor.
Zu besichtigen ist der politische Atom-Gau: Die CDU wirbt mit freundlicher Unterstützung der Atomkonzerne für die Abschaffung des Ausstiegsgesetzes, die Bundesregierung wird unglaubwürdig und Deutschland macht sich zum EU-weiten Gespött.

Was viel schlimmer ist, meine werten Kolleginnen und Kollegen von der Union: sie setzen die Gesundheit der Menschen in Europa aufs Spiel. Die Wiederbelebung der radioaktiven Leichen ist mit extrem hohen Gefahren bis hin zur Kernschmelze verbunden. Die Unbeherrschbarkeit der Uran-Technik ist der Grund, warum die maroden Anlagen in Deutschland vom Netz müssen. Wer hier jetzt die Rolle rückwärts macht, hat sicherlich nicht das Recht, Bulgarien Vorschläge in der Atomfrage zu machen - ob dies nun EU-konform ist oder nicht. Das heißt: der Ausstieg aus dem Ausstieg ist der europaweite Einstieg in die Gefahrenwirtschaft.

Doch wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass einige Osteuropäer nun laut über Atomstrom nachdenken? Da ist zum einen das Engagement vor allem deutscher Konzerne, wie RWE und Siemens zu nennen. Die wollen gern in Osteuropa neue Atomkraftwerke bauen - gern auch mitten in Erdbebengebieten. Zum anderen ist der Gasstreit zwischen Russland und Ukraine wieder einmal pünktlich zum neuen Jahr aufgeflammt. Der Lieferkonflikt viel diesmal heftiger aus und legte über zwei Wochen den Gasfluss nach Westen lahm. Länder wie die Slowakei und Bulgarien, die in der Energiewirtschaft fast ausschließlich von russischem Gas abhängig sind, saßen plötzlich im Dunkeln. Von der EU, die energiepolitisch aus einzelstaatlichen Egoisten besteht, war nicht viel zu erwarten - außer fehlendes Verhandlungsgeschick.

Noch weniger konnten die Osteuropäer auf Deutschland hoffen. Wir verfügen zwar über riesige Gasspeicher, die weiter ausgebaut werden. Doch wir denken gar nicht daran, dieses Know how mit unseren Nachbarn zu teilen. Und mit der Ostseepipeline haben wir schon gegenüber Polen, Litauen und Lettland gezeigt, dass wir kein Interesse an einer gemeinsamen Gasstrategie mit unseren osteuropäischen Partnern haben.

Statt acht Milliarden Euro in der Ostsee zu versenken, müssen wir Osteuropa endlich wirksam in die Gasbevorratung einbinden. Und wir müssen die Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien schneller voranbringen.

Wir werden aber kein Gehör finden, solange Deutschland seinen Nachbarn vor den Kopf stößt und mit schlechtem Beispiel voran geht. Wer jetzt effiziente und erneuerbare Energien ausbremst und die gefährliche Atomkraft bewirbt, wie CDU/CSU und FDP es machen, bleibt unglaubwürdig. Deshalb ist der erste Schritt: schnellstmöglicher Ausstieg aus der Urannutzung.

Der Antrag der Grünen ist deshalb zu unterstützen.