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Verteidigungshaushalt 2006: Der Rüstungsetat ist aus unserer Sicht zu hoch!

Rede von Katrin Kunert,

In ihrer Rede zum Verteidigungshaushalt spricht sich Katrin Kunert, Mitglied im Verteidigungsausschuss, für eine sofortige Ost-West Sold-Anpassung und gegen weitere Kürzungen beim Weihnachtsgeld aus. Statt in Auslandseinsätze und Prestigeobjekte sollte lieber in die Arbeitsbedingungen der Soldatinnen und Soldaten investiert werden.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Wäre der Bundeshaushalt ein kommunaler Haushalt, wäre er stark genehmigungsgefährdet. Nur: Leider gibt es keine übergeordnete Genehmigungsbehörde für den Bundeshaushalt. Mehrheiten ersetzen Haushaltsrecht und Mehrheiten bestimmen darüber, was für den Bund Pflicht ist und was Kür. Diese Haushaltspolitik ist weder seriös noch nachhaltig. (Beifall bei der LINKEN) Der Verteidigungshaushalt, der Einzelplan 14, ist der drittgrößte Einzelplan und rangiert noch vor dem Haushalt für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Bereich, der eigentlich so wichtig ist für die Entwicklung gleicher Lebensverhältnisse in Ost und West. In der gestrigen Debatte zum Einzelplan Finanzen hat ein Kollege gesagt, dass dieser Haushalt dazu beitragen wird, dass jetzt noch sachgerechter mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird. Nun frage ich: Wie ist denn bisher mit öffentlichen Mitteln umgegangen worden und wann geht ein Staat sachgerecht mit öffentlichen Mitteln um? Orientiert er sich an den Aufgaben, die er erfüllen will oder muss, oder erledigt er Aufgaben nach Kassenlage? Der uns vorliegende Haushaltsentwurf orientiert sich an der Kassenlage; darauf weisen Sie immer wieder hin. Nur beim Einzelplan 14 gibt es eine gewisse Stetigkeit. Aus unserer Sicht ist dieser Etat einfach zu hoch. (Beifall bei der LINKEN) Der Kalte Krieg ist seit Jahren vorbei und so viele Bedrohungen können gar nicht herbeigeredet werden, um diesen Etat mit rund 28 Milliarden Euro zu rechtfertigen. Die klassische Aufgabenstellung der Bundeswehr ist für uns nach wie vor die Landesverteidigung. Eine Bundeswehr als schnelle Eingreiftruppe für das Ausland lehnen wir ab. (Beifall bei der LINKEN) Für die Aufgaben der inneren Sicherheit haben wir die Polizei. Wir bleiben dabei: Abschaffung der Wehrpflicht, eine Berufsarmee mit 100 000 Mann und keine Auslandseinsätze! Mit dem dann kleineren Etat wäre eine wirksame Landesverteidigung gesichert und die freigesetzten Mittel könnten für eine wirkliche Entwicklungshilfe und für eine langfristige Deeskalation in den betroffenen Ländern eingesetzt werden. Bei Betrachtung des Verteidigungshaushalts wird auch deutlich - meine Kollegin Gesine Lötzsch hat darauf hingewiesen -, dass es eine Schere zwischen den Investitionen in Prestigeobjekte und den Arbeitsbedingungen der Soldatinnen und Soldaten gibt. Hier ist ein Ungleichgewicht entstanden; dem muss man entgegenwirken. Die Absicherung von immer mehr und längeren Auslandseinsätzen geht zulasten der Ausstattung im Inland. Das kann nicht so bleiben. Eine Grundlage für die Erstellung des Verteidigungshaushaltes müsste eigentlich der Bericht des Wehrbeauftragten sein. In ihm werden Jahr für Jahr Probleme aufgelistet, die die Arbeitsbedingungen betreffen. Der Zustand der Kasernen und der Soldatenunterkünfte wird bemängelt. Hier besteht erheblicher Sanierungsbedarf. Die Versorgung im Sanitätsbereich ist grenzwertig. Durch die vielen Auslandseinsätze kann sie nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet werden. In der ersten Lesung des Haushalts haben wir bereits darauf hingewiesen, dass die Sozialverträglichkeit bei der Umsetzung des Stationierungskonzeptes auch im Haushalt ihren Niederschlag finden muss. Konversionsprogramme sind von Bund, Ländern und Kommunen zu entwickeln, um die Umstrukturierungsprozesse in den Kommunen nachhaltig zu gestalten und den Beschäftigten eine Zukunft zu geben. (Beifall bei der LINKEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Haushalt ist eine weitere Kürzung des Weihnachtsgeldes vorgesehen. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel. Wir haben dazu im Verteidigungsausschuss einen Antrag gestellt. Er hat leider keine Mehrheit gefunden. (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das war auch gut so! - Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Gott sei Dank!) Nach wie vor werden Soldatinnen und Soldaten aus Ost und West unterschiedlich bezahlt. Die Angleichung der Tarife wird für 2009 in Aussicht gestellt. Warum erst 2009? Wir haben im Verteidigungsausschuss auch den Antrag gestellt, die Tarife ab 2006 anzugleichen. Die Angleichung der Tarife der Berufssoldatinnen und -soldaten auf Zeit würde 33 Millionen Euro ausmachen, die Angleichung der Tarife der zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 36 Millionen Euro, also circa die Summe, die der Kongoeinsatz kosten wird. (Beifall bei der LINKEN - Rainer Arnold [SPD]: Sie wollen mehr ausgeben, aber weniger Geld!) Auch diesen Antrag haben Sie leider abgelehnt. An dieser Stelle möchte ich Ihnen eines ganz deutlich sagen: Wenn Sie die Soldatinnen und Soldaten in Zukunft loben und ihnen Ihren Dank und Ihre Anerkennung aussprechen, sollten Sie daran denken, dass sich Lob, Dank und Anerkennung auch im Geldbeutel bemerkbar machen müssen. (Beifall bei der LINKEN - Jürgen Koppelin [FDP]: Seien Sie bitte nicht immer so materialistisch! - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Jawohl! So funktioniert Kapitalismus!) Mit Blick auf die Ausgestaltung des Verteidigungshaushaltes sei mir abschließend noch eine Bemerkung gestattet: Die Haushaltstitel weisen den gewünschten Weg für die Bundeswehr aus. Herr Minister Jung, lassen Sie uns doch gemeinsam über die künftigen Aufgaben der Bundeswehr reden. (Jürgen Koppelin [FDP]: Wie bitte? Ich denke, Sie wollen sie abschaffen! Oder jetzt doch nicht mehr?) Wie man den Zeitungen entnehmen kann, steht es um Ihr Weißbuch im Moment nicht ganz so rosig. (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Es heißt ja auch Weißbuch und nicht Rosabuch! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU) - Hören Sie doch bitte bis zum Schluss zu! Ich hoffe, dass sich die Genossen in der SPD wieder auf die klassischen Aufgaben der Bundeswehr besinnen. Die Grundausrichtung auf eine globale Einsatztruppe mit neuen Angriffswaffen, wie im Haushalt festgeschrieben, und die Ausweitung der Einsätze der Bundeswehr im Innern lehnen wir weiterhin ab. Schönen Dank. (Beifall bei der LINKEN)