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Versorgung der privat Versicherten im Basistarif sicherstellen. Gesetzliche Krankenversicherung für Solo-Selbständige bezahlbar gestalten

Rede von Harald Weinberg,

DIE LINKE will keinen Unterschied machen, ob jemand selbständig oder aus einem sonstigen Grund freiwillig versichert in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist

Rede zu Protokoll:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!

Drei unterschiedliche Themen stehen hier zur Debatte, vier Minuten habe ich dafür. Kein leichtes Unterfangen.


Erstens geht es um privat Krankenversicherte Selbständige oder ehemalige Selbständige, deren Einkommen nicht zum Leben reicht und die deshalb Hartz-IV beziehen müssen. Diese Menschen dürfen seit 2009 nicht mehr in die Gesetzliche Krankenversicherung zurück. Gesetzlich wurde damals geregelt, dass die privaten Versicherungskonzerne zwar rund 290 Euro von den Betroffenen verlangen dürfen. Davon werden aber nur rund 130 Euro von den Ämtern erstattet. Diesen gesetzgeberischen Unsinn prangert DIE LINKE schon seit zweieinhalb Jahren an.


Die Bundesregierungen seitdem sind zerstritten zwischen den Koalitionsparteien und zwischen den Ministerien und es passiert nichts. Außerdem – so wurde argumentiert - sei es auch verfassungsgemäß, wenn die Betroffenen von ihrem Regelsatz mehr als die Hälfte selbst an ihre Krankenversicherung zahlen müssen. Mittlerweile hat das Bundessozialgericht geurteilt – und der Bundesregierung für die bestehende Regelung eine Ohrfeige erteilt. DIE LINKE fordert die Bundesregierung nochmals auf hier zu handeln – auch rückwirkend - und den betroffenen Menschen einen Funken Perspektive zurückzugeben.


Dass auch die Grünen hier nun eingesehen haben, dass es eine Lösung geben muss, begrüße ich natürlich, wenngleich es eine andere Lösung ist als unsere. Weil es aber eine Lösung ist, die den Betroffenen nutzen würde, werden wir diesen Vorschlag auch nicht ablehnen.


Ein wenig verwundert kann ich nur über die Position der SPD sein, die nun zwar mit ihrer Zustimmung zu dem Grünen-Gesetzentwurf etwas anderes fordert, als sie mit Ulla Schmidt in der Regierung 2007 durchgesetzt hat. Dennoch lehnt die SPD mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten unseren Antrag ab, ohne zu würdigen, dass damit ein nicht zuletzt von der SPD hergestellter verfassungswidriger Zustand beseitigt würde.
Dass die schwarz-gelbe Koalition ablehnt, war vorauszusehen. Ich hoffe, dass sich unsere Gedanken in einigen Monaten in einem Regierungsvorschlag wiederfinden werden und dass den Betroffenen dann endlich geholfen wird.


Was mich an der ganzen Angelegenheit am meisten ärgert: Wenn mir ein Betroffener sagt, dass die Politik in diesem Punkt seit Jahren unfähig ist, eine Lösung auf den Weg zu bringen, dann muss ich ihm Recht geben. Der Umgang der Bundesregierung mit diesem Problem ist ein Förderprogramm für Politikverdrossenheit. Das will DIE LINKE ändern!


Zweites Problem: Basistarif in der PKV: Es geht bei diesen Privatversicherungen nicht um Luxusversicherungen, sondern in der Regel erhalten Privatversicherte im Basistarif weniger Leistungen als Gesetzlich Krankenversicherte. Sie hören richtig: Die private Krankenversicherung ist nicht in der Lage, für überdurchschnittliche Beiträge (mindestens etwas mehr als der Durchschnittsbeitrag, oft der Maximalbeitrag der GKV) wenigstens die gleiche Leistung zu bieten wie die Gesetzliche Krankenversicherung. Weil die privaten Versicherungen den Ärzten oft weniger zahlen, als die Gesetzlichen, sind oft nur wenige Ärzte überhaupt bereit, die privaten Basistarif-Versicherten zu behandeln. Das ist ein Skandal! Kranke erhalten in Deutschland nicht die notwendige Versorgung! DIE LINKE teilt die Menschen nicht in privat und gesetzlich ein. DIE LINKE will, dass alle Menschen die notwendige Behandlung erhalten. Deshalb bringen wir heute einen Antrag ein, mit dem die Versicherten im Basistarif mit den Gesetzlich Versicherten gleichgestellt werden sollen.


Drittes Thema: Soloselbständige in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Auch dies ist ein Problem, das dadurch entsteht, dass es sowohl das System der Gesetzlichen als auch das der privaten Krankenversicherung gibt. Selbständige haben per Gesetz die Möglichkeit, sich für eines der Systeme zu entscheiden. Im Falle von Vorerkrankungen und von geringem Einkommen fällt die Wahl auf die Gesetzliche Krankenversicherung. Die wäre aber mit den relativ kranken und relativ geringverdienenden Selbständigen überfordert. Um diese Überforderung zu vermeiden, gibt es ein angenommenes Mindesteinkommen, das allerdings häufig deutlich höher ist, als das tatsächliche Einkommen. Das führt zu teils absurd hohen Beitragssätzen von über 30 Prozent.

Das ist kein theoretischer Wert: Gerade letzte Woche habe ich mich mit Lehrkräften der Integrationskurse getroffen, die überwiegend ihre wichtige Arbeit als selbständige Honorarkräfte leisten, und zwar für Stundensätze, die selten über 15 Euro, aber häufig unter 10 Euro liegen. Bei denen kommen diese 30 und mehr % schnell zustande.


DIE LINKE will keinen Unterschied machen, ob jemand selbständig oder aus einem sonstigen Grund freiwillig versichert in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist. Daher fordern wir die Herabsetzung auf den allgemeinen Mindestbeitrag in Höhe von gut 130 Euro als Untergrenze. Besser wäre natürlich eine Abschaffung der privaten Krankenversicherung als Vollversicherung und die Einbeziehung Aller in eine echte Bürgerversicherung. Da wäre DIE LINKE die erste Fraktion die laut „JA!“ ruft. Aber dazu ist derzeit leider keine andere Fraktion bereit.