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Verkehrsvermeidung statt Mitwirkungsrechte einzuschränken!

Rede von Thomas Lutze,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was die Union hier unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus vorschlägt, bedeutet erstens das Begrenzen von Rechten der Anlieger und zweitens ein Beschneiden der Mitwirkungsrechte gesellschaftlich relevanter Organisationen. Zu diesem Demokratieabbau bei Bauprojekten sagen wir ganz klar und deutlich Nein.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Neubau und die Erweiterung von Infrastruktur wie Autobahnen oder Bahntrassen sind eigentlich klar geregelt. Und ja, Verzögerungen bei Planung und Bau sind ärgerlich für alle Beteiligten. Wenn Sie aber zum Beispiel aus einer vierspurigen Autobahn bei einer Komplettsanierung eine sechsspurige Autobahnbrücke bauen, dann ist das baurechtlich ein neues Bauwerk.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Das ist genau das Problem!)

Warum? Weil bei einer derartigen Vergrößerung auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen eingeplant wird; sonst würde man die Brücke ja nicht vergrößern. Dieses erhöhte Verkehrsaufkommen kann beim Umweltschutz und bei den Rechten der Anlieger sehr wohl zu gravierenden Veränderungen führen. Deswegen machen wir genau diesen Abbau der Mitwirkungsrechte nicht mit.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie etwas für unsere zum Teil heruntergekommene Infrastruktur machen wollen, dann müssen Sie an die Belastung der Bauwerke gehen. Autobahnbrücken müssen in der Regel nach 30 bis 40 Jahren nicht komplett saniert oder komplett erneuert werden, wie das heute der Fall ist, weil so viele Autos darüber fahren. Sie müssen auch nicht saniert oder erneuert werden, weil Witterung oder Temperaturschwankungen den Beton angefressen haben. Diese Brücken gehen kaputt, weil täglich viele Tausende Lkw mit bis zu 40 Tonnen Belastung oder Gesamtgewicht darüber fahren.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)

Einer dieser Lkw belastet eine Brücke circa 60 000‑mal mehr als ein 1 Tonne schwerer Pkw. Ihre Entscheidung aus den 90er-Jahren, möglichst viel Güterverkehr von der Schiene auf die Autobahnen zu verlagern, kommt uns jetzt teuer zu stehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und bevor hier weiter an demokratischen Mitwirkungsrechten herumgedoktert wird, sollte man die Qualität einiger neuer Autobahnbrücken genauer unter die Lupe nehmen. Ein Beispiel aus Thüringen bzw. Bayern gefällig? Nach der deutschen Einheit wurden hier die Autobahnen A 71 und A 73 neu geplant, gebaut und fertiggestellt. Bereits nach weniger als 20 Jahren musste die Talbrücke Albrechtsgraben komplett und aufwendig saniert werden, und das bei einem Bauabschnitt mit verhältnismäßig geringem Lkw-Verkehrsaufkommen. Da muss man doch mal ein Fragezeichen dransetzen und sich überlegen, was bei Bauprojekten in unserem Land eigentlich los ist. An den Mitwirkungsrechten liegt es auf jeden Fall nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Fazit: Anstatt die Mitwirkungsrechte von Anliegern und Verbänden zu begrenzen, sollten wir uns sehr viel ernsthafter Gedanken machen, welche Mobilität wir wollen und uns auch leisten können. Straßenbau und die Sanierung von Straßen und Brücken – das wissen wir alle – sind sehr teuer und aufwendig. Und ja, wir brauchen auch Lkw, um Waren und Güter im Nahbereich anliefern zu können. Aber der notwendige Güterfernverkehr quer durch Europa gehört auf die Schiene.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Wirtschaftspolitik, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir regionale Wirtschaftskreisläufe noch viel mehr fördern. Das vermeidet Güterfernverkehr und letztendlich die Belastung unserer Autobahnbrücken. Denn jeder Lkw, der nicht im Fernverkehr fahren muss, entlastet unsere Infrastruktur. Das wäre dann auch tatsächlich nachhaltig.

Ein herzliches Glückauf.

(Beifall bei der LINKEN)