Frau Präsidentin!
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren!
Vor drei Monaten hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen den jüngsten Verbraucherschutzindex veröffentlicht. Das Ergebnis dieser repräsentativen Verbraucherbefragung war niederschmetternd. Hier nur drei Erkenntnisse:
Erstens. Über die Hälfte der Befragten war der Meinung, dass die Bundesregierung sich nicht wirkungsvoll für Verbraucherinnen und Verbraucher engagiert.
Zweitens. Vor allem bei Familien und einkommensschwachen Haushalten ist die Unzufriedenheit sehr groß.
Drittens. Die Menschen in Deutschland fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Sie werfen der Bundesregierung vor, dass sie ihre Interessen gegenüber der Wirtschaft nicht vertritt und durchsetzt.
Die Fakten: Die Kosten für Strom und Gas wuchern unkontrolliert. Der Handel mit Adressen und Kundendaten blüht. Viele Menschen werden nach wie vor durch unerwünschte Telefonwerbung belästigt. Im Bereich der Finanzdienstleistungen werden Verbraucherinnen und Verbraucher von Banken und Versicherungen nach wie vor oft unzureichend beraten. Das Recht auf Verbraucherinformation kann leider nur sehr beschränkt wahrgenommen werden. Die Pläne zur Umsetzung der Nährwertkennzeichnung entsprechen in vollem Umfang den Vorstellungen der Lebensmittelindustrie.
Sie, Herr Minister Seehofer, reden davon, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher mit großen Wirtschaftsunternehmen auf Augenhöhe seien. In welcher Höhe befindet sich denn hier die Augenhöhe? Gürtelschnalle?
(Beifall bei der LINKEN)
Werte Kolleginnen und Kollegen, die Menschen erwarten von der Bundesregierung zu Recht, dass sie im Sinne der Bürgerinnen und Bürger handelt. Und sie erwarten auch, dass der Staat da eingreift, wo Verbraucherinnen und Verbraucher sonst getäuscht, belogen oder betrogen werden.
In den bekanntgewordenen Fällen von illegalem Datenhandel den Verbraucherinnen und Verbrauchern über die Presse zu empfehlen, dass sie ihre Daten halt nicht angeben sollen, ist im Zeitalter von Internet- und Versandhandel eine Lachnummer, Herr Seehofer.
(Beifall bei der LINKEN)
Auch Datenschutz ist ein wichtiger Bestandteil von Verbraucherschutz. Das gilt nicht nur für den Handel mit Adressen und Kundendaten; das gilt auch für die vom Bundesinnenminister angestrengte Initiative zur heimlichen Onlinedurchsuchung von Privatcomputern. Ich erwarte vom obersten Verbraucherschützer in Deutschland, dass er die berechtigte Kritik von zahlreichen Verfassungsrechtlern aufnimmt und gegen die Allmachtsgelüste seines Kollegen Innenminister Schäuble Stellung bezieht.
(Beifall bei der LINKEN)
Wirtschaftlicher, finanzieller und digitaler Verbraucherschutz spielt in diesem Haushaltsentwurf so gut wie keine Rolle, obwohl genau in diesen Bereichen die Verbraucherinnen und Verbraucher am meisten abgezockt werden. Wenn der Herr Minister Seehofer bei jeder sich bietenden Gelegenheit meint, den einzelnen Verbraucher oder die Verbraucherin auf seine bzw. ihre Eigenverantwortung hinweisen zu müssen, dann muss er sich zumindest fragen lassen, warum sein Ministerium nichts für die Verbraucherbildung in Deutschland tut. Denn auch dazu lässt sich im Haushaltsplan bisher wenig finden.
Wie schon im letzten Jahr liegt der vermeintliche Schwerpunkt dieses Haushalts auf Maßnahmen im Ernährungsbereich. Hier lauert die nächste Nullnummer, die Nährwertkennzeichnung. Ich bin leider nicht so optimistisch wie Sie, Herr Goldmann, dass die Ampel schon kommt, es sei denn, Herr Seehofer führt das hier so aus. Aber im Augenblick sieht es nicht so aus, dass er gewillt wäre, hier tatsächlich ein einheitliches, verständliches und verbindliches System einzuführen, das dem der Ampel entspräche vor lauter Angst vor der Lebensmittelindustrie.
Meine Damen und Herren, dieser Haushaltsplan macht deutlich, was wir verbraucherpolitisch von der Koalition auch in ihrem letzten Regierungsjahr zu erwarten haben: herzlich wenig. Es gibt bis heute kein schlüssiges Gesamtkonzept, wie die Bundesregierung die vorher beschriebenen verbraucherpolitischen Herausforderungen angehen will. Es wird auch weiterhin beim Stückwerk und beim Kompetenzgerangel zwischen verschiedenen Ministerien bleiben. Die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen die Zeche.
Ich bedanke mich.

Verbraucherinnen und Verbraucher haben auch 2009 nichts von der Bundesregierung zu erwarten
Rede
von
Karin Binder,