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Verbot für Tabakwerbung

Rede von Kirsten Tackmann,

Ein Werbeverbot ist kein Ersatz für Suchtpräventions- und -bekämpfungskonzepte! Aber es würde sicher dazu beitragen, die gesellschaftliche Toleranz gegenüber dem Rauchen weiter bröckeln zu lassen. Das Tabakwerbeverbot wäre endlich mal ein Thema, bei dem eine ungewöhnliche Einigkeit zwischen Gesetzgeber, Regierung und Volk hergestellt werden könnte. Kirsten Tackmann in der zur Änderung des vorläufigen Tabakgesetzes.

Das Rauchen ist eine kulturell integrierte Droge, trotz der bekannten individuellen und gesellschaftlichen Folgen der Sucht. Denn gerade Nikotin ist alles andere als harmlos. Mit bis zu 140 000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr steht die Bundesrepublik europaweit an der Spitze. Die Folgekosten betragen 17 Milliarden Euro jährlich! Darüber hinaus verantworten die Aktivraucher den Tod von 3 300 Passivrauchern jährlich in unserem Land! Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf: Warum muss für diese Droge auch noch geworben werden? Spätestens im Kino, wenn die Werbefilmchen aus Macho-Land laufen, finde ich diese Frage ausgesprochen zwingend! Nun weiß ich aus leidvoller Erfahrung als jahrelang passivrauchende Ehefrau, wie schwer es ist, von dieser Sucht zu lassen. Ein Werbeverbot ist selbstverständlich kein Ersatz für Suchtpräventions- und -bekämpfungskonzepte! Aber es würde sicher dazu beitragen, die gesellschaftliche Toleranz gegenüber dem Rauchen weiter bröckeln zu lassen. Das Tabakwerbeverbot wäre endlich mal ein Thema, bei dem eine ungewöhnliche Einigkeit zwischen Gesetzgeber, Regierung und Volk hergestellt werden könnte. Doch das scheitert am politischen Willen! Noch im März 2006 hat der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Hoppe, die Bundesregierung aufgefordert, endlich den Widerstand gegen ein nationales und EU-weites Tabakverbot aufzugeben. Pikant: Er tat das anlässlich des Starts der Kampagne „Rauchfrei 2006“, die vom Bundesgesundheitsministerium mitgetragen wird. Die Bundesrepublik ist - neben Luxemburg - das letzte Land, in dem die EU-Richtlinie zum Tabakwerbeverbot nicht in nationales Recht umgesetzt wurde. Das ist umso peinlicher, da sich der fachlich zuständige Minister Seehofer gerade selbst zum Lebensminister ernannt hat. Unterdessen droht auch bei dieser EU-Richtlinie ein Bußgeld. Aber diese Verweigerung hat ja eine längere Vorgeschichte, die im vorliegenden Antrag nur unvollständig dargelegt wird. Die rot-grüne Bundesregierung hat - mit Großbritannien - im Ministerrat gegen diese EU-Richtlinie gestimmt und gegen diese mit formalrechtlichen Argumenten geklagt! Stellt sich natürlich die Frage: Wer profitiert davon? Unbestritten die Zigaretten-Industrie! Aber: Schielt die Bundesregierung etwa auch auf ihren eigenen klammen Haushalt und die vielleicht sinkenden Tabaksteuereinnahmen? Das wäre nicht nur zynisch, sondern angesichts der Folgekosten ausgesprochen töricht. Aber es gibt noch mehr Argumente gegen Tabakwerbung. Ein Beispiel: Das kleine ostafrikanische Land Malawi ist der zweitgrößte Tabakexporteur auf dem afrikanischen Kontinent. Das ist das Ergebnis der Förderung des Tabakanbaus ab Mitte der 1990er-Jahre durch IWF und Weltbank. Ziele waren Nahrungssicherheit, Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens und Abbau der Staatsschulden. Unterdessen ist Tabak mit Abstand der wichtigste Devisenbringer und bringt 65 Prozent, der staatlichen Einnahmen, und das trotz des internationalen Preisverfalls, auch aufgrund der Nichtraucherkampagnen vor allem der westlichen Welt. Das spricht nur scheinbar gegen ein Tabakwerbeverbot! Denn das Gesamtergebnis des Projekts ist eher verheerend: Der überwiegende Teil der Bevölkerung Malawis ist unterdessen direkt oder indirekt abhängig vom Tabakanbau. Doch die Gelderlöse ersetzen bei weitem nicht den Verlust, der sonst auf diesen Flächen angebauten Grundnahrungsmittel für den eigenen Bedarf! Die Zahl der durchs Land vagabundierenden Wanderarbeiter ist groß, die Volkswirtschaft hoch verwundbar! Wertvolle Wälder werden abgeholzt: Für l Kilogramm marktfähigen Tabak müssen 150 Kilogramm Holz verbrannt werden, das sind etwa 2,4 Kilogramm pro Schachtel Zigaretten! Das zeigt: Tabakförderung nutzt nur den Tabakmultis und bringt der Mehrheit nicht weniger, sondern mehr Armut. Auch deshalb: Tabakwerbung gehört verboten.