Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen ,
Das Problem ist erkannt:
Deutsche Unternehmen unterlaufen die Mitbestimmung in dem sie von der deutschen in eine ausländische Rechtsform wechseln.
Eine Regierungskommission empfahl schon 2006 zur Unternehmensmitbestimmung, falls nötig „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Mitbestimmung zu treffen.“ Wenn diese Lücke von Unternehmen genutzt wird, dann muss der Gesetzgeber tätig werden.
Nun ist es soweit: Es gibt einen Anstieg von 17 auf 37 Unternehmen, die in den letzten 3 Jahren diese Lücke ausnutzen. Bekannte Namen wie H&M sind dabei, Mc Donalds Deutschland ebenso, wie Air Berlin, Kühne + Nagel und die Modekette Esprit.
Bei mehreren Fällen lässt sich eine gezielte Anti-Mitbestimmungsstrategie nachweisen:
Hätten H&M, Esprit und Kühne + Nagel die Rechtsform nicht gewechselt, wäre die Mitbestimmung von Beschäftigten im Aufsichtsrat durch die gestiegene Beschäftigtenzahl fällig gewesen.
Sie werden sagen: von 17 auf 37, das ist immer noch nicht viel, aber wie groß soll der Schaden werden bevor gehandelt wird. Etwas rückgängig machen ist schwerer als sofort zu handeln, das erleben wir ja gerade bei dem Thema Leiharbeit.
Oder steht ihnen vielleicht der Sinn nach schleichenden Aushöhlung der Unternehmensmitbestimmung?
Betriebsräte und die ArbeitnehmervertreterInnen in Aufsichtsräten sind für Beschäftigte ein wichtiger Bestandteil der Demokratie in der Arbeitswelt. Die darf auf keinen Fall aufs Spiel gesetzt werden!
In Unternehmen mit über 500 Beschäftigten besteht eine Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat. In Unternehmen mit über 2000 Beschäftigten stellen Arbeitnehmervertreter die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder. Die Mehrheit bleibt trotzdem immer bei den Anteilseignern, da der Vorsitzende doppelt zählt und den wählen nur die Anteilseigner.
Der Aufsichtsrat kontrolliert und berät den Vorstand, prüft den Jahresbericht und entscheidet bei zustimmungspflichtigen Geschäften. Und ganz wichtig: Der Aufsichtsrat wählt den Vorstand. So haben Beschäftigteninteressen auch in der Unternehmensführung ein Gewicht.
Diese Mitbestimmung wird nun bewußt umgangen, indem Unternehmen von einer deutschen zu einer Ausländischen Rechtsform wechseln.
Es wäre sträflich, sollte das so weitergehen: Mitbestimmung hat sich in Deutschland bewährt!
Ganz praktisch sprechen fünf Gründe die Annahme unseres Antrags:
1. - In der Krise hat sich gezeigt: AN-Mitbestimmung hilft kurzfristige Unternehmensstrategien zu verhindern und stärkt eine gute Unternehmensführung
2. - Die Lücke im Gesetz wird geschlossen und die Benachteiligung von Beschäftigten in Unternehmen mit ausländischer Rechtsform hat ein Ende.
3. - Mitbestimmung über Aufsichtsräte und Betriebsräte verbessert nachweislich die Produktivität des Unternehmens.
4. - Der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten ist fast ausschließlich durch die Arbeitnehmerseite gewachsen: Auch hier leistet die AN-Mitbestimmung eine wichtige Aufgabe.
5. - Die Anwendung der deutschen Unternehmensmitbestimmung auf Unternehmen ausländischer Rechtsformen ist EU-Konform, das hat ein Gutachten entschieden.
Wenn man sich all diese Argumente vor Augen führt sollte man über die Ausweitung von Mitbestimmung diskutieren, statt, nur über deren Verteidigung.
Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung Gesetze macht, die die Probleme der Menschen aufgreift und zwar um ihre Lebensumstände zu verbessern und nicht zu verschlechtern.
Wir sind ja so freundlich und weisen sie kontinuierlich auf Missstände hin: Nun seien sie auch so mutig und tun sie was.
Schließen sie die Mitbestimmungslücke und machen sie sich nicht mitschuldig an der Aushöhlung der Unternehmensmitbestimmung in Deutschland.
Für DIE LINKE. ist klar: Es ist an der Zeit die Mitbestimmung in Deutschland, in Europa und weltweit zu stärken.

Unternehmensmitbestimmung lückenlos garantieren
Rede
von
Jutta Krellmann,