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Umstellung des Agrarbereichs statt Gentechnik!

Rede von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Begriff „neue genomische Techniken“ suggeriert so etwas wie das Heilsversprechen zur Lösung aller Pflanzen- und Ernährungsprobleme. Es baut auf der Vorstellung auf, dass Menschheitsprobleme zu großen Teilen technisch zu lösen wären.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ganz neuer Ansatz! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Wie denn sonst? Sozialismus?)

Meine Damen und Herren von der Union, das war nicht so, und das wird auch nicht so sein. Das sage ich Ihnen als gelernte Facharbeiterin für Pflanzenproduktion. Sie wollen einfach nicht an die gesellschaftlichen Verhältnisse ran. Deswegen behaupten Sie: Technik erledigt das alles, auch die Pflanzenzucht.

Kommen wir hingegen zu den Fakten. Die „neuen genomischen Techniken“ funktionieren ja bislang, wenn überhaupt, nur im Labor und nicht in der Praxis.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ja, das ist ja das Problem!)

Darüber hinaus sind die Auswirkungen solcher Agrogentechniken immer noch nicht ausreichend erforscht. Hohe gesundheitliche, ökologische und ökonomische Risiken für die Landwirtschaft, für die Gärtnereien, für die Imkereien und auch für Verbraucherinnen und Verbraucher sind nicht auszuschließen. Vielmehr sind die Risiken, die bei einer bedenkenlosen Einführung dieser Gentechnik auftreten können, sogar sehr wahrscheinlich.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Wer redet denn von einer bedenkenlosen Einführung?)

Insofern muss die wissenschaftliche Folgenabschätzung vor allem anderen stehen und nicht mittendrin unter Punkt 6.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Karl Bär [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion ist es gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise sehr vernünftig, dass mehr an verschiedenen Orten mithilfe unterschiedlicher Ansätze und Verfahren klassisch gezüchtet wird. Damit kann eine vernünftige Basis für die landwirtschaftliche Produktion geschaffen werden. Züchtungsunternehmen und ‑initiativen müssen dafür auf einen möglichst großen Pool an genetischer Vielfalt zurückgreifen können.

Die „neuen genomischen Techniken“ tragen eben gerade nicht zu einer solchen Vielfalt bei, sondern erzeugen wiederum Monopole, und zwar per Patent. Werden dann Patente mit daraus abgeleiteten Ansprüchen auf bestimmte Merkmale, Genvarianten und Pflanzen ausgereicht, wird der Züchtungsfortschritt durch die Patentierung blockiert. Die Linke lehnt die Patentierbarkeit von Leben und Lebensformen grundsätzlich ab.

(Beifall bei der LINKEN – Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Genau! Darum geht es! Um nichts anderes!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einen Punkt anführen. Der Welthunger entsteht nicht durch den globalen Mangel an landwirtschaftlichen Produkten, der eventuell durch Züchtungserfolge ausgeglichen werden könnte. Welthunger ist das Ergebnis einer ungleichen Verteilung von und eines ungleichen Zugangs zu Ressourcen, einer ungleichen Verteilung von Mitteln sowie einer planlosen Verschwendung von Ressourcen. Und natürlich ist der Welthunger auch das Ergebnis der Profitgier von Konzernen.

Wenn wir generell Ernährungssicherheit erreichen wollen – und davon gehe ich aus –, dann ist eine grundlegende Umstellung des Agrarbereichs notwendig.

(Martin Reichardt [AfD]: Die größten Hungerkatastrophen hat der Kommunismus ausgelöst!)

Wir brauchen eine verbesserte Bodenpflege. Wir brauchen Humusaufbau. Die Wasserhalteeigenschaften des Bodens müssen verbessert werden, damit sich die Wachstumsbedingungen für Pflanzen verbessern können. Wir brauchen Vielfalt und eine breite Basis von Produktionssystemen. Wo immer es sinnvoll ist, brauchen wir eine Regionalisierung der Lebensmittelerzeugung und ‑verteilung. „Neue genomische Techniken“ sind dafür kein gangbarer Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)