Vor kurzem hat Greenpeace einen Einkaufsratgeber aufgelegt. Der enthält eine Übersicht in Scheckkartenformat fürs Portemonnaie, die beim Einkaufen die Orientierung erleichtern soll: Welches Obst ist okay? Welches Gemüse enthält so viele Pestizide, dass vom Verzehr dringend abzuraten ist? In welchem Supermarkt kann ich einigermaßen beruhigt an der Gemüsetheke auswählen, und in welchem Laden kaufe ich das tägliche Vitamin C für die Kinder, wenn ich ihnen eine gesundheitsschädigende Pestizid-Zufuhr ersparen will? Es kann doch nicht sein, dass Verbraucherinnen und Verbraucher darauf angewiesen sind, auf diesem Weg über Gifte und Verunreinigungen in Lebensmitteln zu erfahren. Es darf nicht länger eine Privatangelegenheit sein oder dem Leistungsvermögen von Verbraucherschutzorganisationen anheim gestellt sein, die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren. Die Gesundheit und der Schutz der Bürgerinnen und Bürger muss doch im vorrangigen Interesse des Staates liegen und als zentrale Aufgabe verstanden werden. Deshalb brauchen wir endlich klare Regelungen. Unternehmen, die vergiftetes Obst oder umetikettiertes Gammelfleisch verkaufen oder verwenden, müssen namentlich genannt werden. Herr Minister Seehofer hat in der Vergangenheit mehrfach geäußert, dass mit seinem Verbraucherinformationsgesetz die schwarzen Schafe der Lebensmittelbranche geoutet würden. Aber daran glaubt ja noch nicht mal sein Parteifreund und Länderkollege Schnappauf. Fakt ist: Beim Verbraucherinformationsgesetz hat sich die Bundesregierung selbst ein Bein gestellt. Sie wollte den Verbraucherinnen und Verbrauchern partout keinen direkten Informationsanspruch gegenüber den Produktions-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen zugestehen. Stattdessen wird die Verbraucherinformation zum kostenpflichtigen bürokratischen Verwaltungsakt, der ausschließlich über die Behörden realisiert werden soll. Daran ist das Gesetz am Ende dann auch gescheitert. Wir fordern die Bundesregierung auf, dieses Scheitern als Chance zu nutzen und im zweiten Anlauf das Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information grundlegend neu zugestalten: Verbraucherinnen und Verbraucher haben einen Anspruch auf Informationen gegenüber Privatunternehmen und auch gegenüber Bundesbehörden. Ausnahmen von dieser Regel müssen auf ein Minimum beschränkt und eindeutig vom Gesetzgeber festgelegt sein. Ein pauschaler Verweis auf Betriebsgeheimnisse darf nicht wie bisher dazu führen, dass Informationen nicht offen gelegt werden. Der Zugang zu Informationen muss für alle Verbraucherinnen und Verbraucher gleichermaßen möglich sein, unabhängig von ihrer Mobilität, ihrem Lebensstandard und ihrem Geldbeutel. Informationen müssen allen Verbraucherinnen und Verbrauchern kostenfrei zugänglich sein. Eine neue Regelung zur Verbraucherinformation darf auch nicht wie bisher auf Wein, Lebens- und Futtermittel beschränkt sein. Ihr Geltungsbereich muss vielmehr alle Produkte und alle Dienstleistungen umfassen. Dass in allen Bereichen unserer Produktion, dem Wirtschafts- und Warenverkehr wie auch im Bereich von Finanzdienstleistungen Transparenz nötig und überfällig ist, haben nicht zuletzt die jüngsten Ergebnisse der Stiftung Warentest zu den Gepflogenheiten etlicher Banken bei der Vergabe von Privatkrediten gezeigt. Und noch etwas halten wir für unabdingbar: die Pflicht zur aktiven Information der Öffentlichkeit im Falle eines Falles. Sollten von einem Produkt oder einer Dienstleistung Risiken für die Gesundheit, die Sicherheit oder andere schützenswerte Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgehen, dann muss die Öffentlichkeit darüber informiert werden, und zwar so schnell wie möglich. Ich bin mir sicher, dass verantwortungsbewusste Unternehmerinnen und Manager sich an den Interessen ihrer Kundinnen und Kunden orientieren und deshalb kein Problem mit einem Verbraucherinformationsgesetz haben werden, das seinen Namen auch verdient. Denn wer nicht nur den eigenen Profit im Auge hat, der fürchtet sich nicht vor Offenheit und Transparenz gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Bürgerinnen und Bürger sollen endlich wissen, was sie im Essen vorgesetzt bekommen, wer sie bei Finanzdienstleistungen übervorteilt und welche Lebensmittelbetriebe immer wieder bei Kontrollen auffallen. Das darf nicht am Föderalismus und auch nicht am Unwillen der politisch Verantwortlichen scheitern.

Umfassende Information und Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher!
Rede
von
Karin Binder,