Rede von Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE.) zum von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung will die Abfallüberwachung ändern. Moderner, einfacher und vollzugsfreundlicher soll sie werden. Das ist natürlich auch von unserer Seite zu unterstützen. Diese Begründung gilt aber nur für einen Teil der Novelle, beispielsweise für die Anpassung des deutschen Überwachungsrechts an die Begrifflichkeiten des EU-Rechts. Begrüßenswert ist auch die Möglichkeit, die Nachweisführung auf EDV-Systeme umzustellen. Die Überwachung wird sicherlich unbürokratischer und effizienter. Probleme haben wir dagegen mit dem Abschnitt des Gesetzentwurfs, der vorsieht, die Pflichten der Unternehmen zur Erstellung von Abfallwirtschaftskonzepten und Abfallbilanzen abzuschaffen. Begründet wird dies damit, dass sich Erwartungen nicht erfüllt hätten, die an diese Instrumente geknüpft worden seien. Mich würde interessieren, wer hier welche Erwartungen hatte und wer meint, Abfallwirtschaftskonzepte hätten sich nicht bewährt. (Beifall bei der LINKEN) Gibt es dazu überhaupt Untersuchungen? Ich denke, hier wird lediglich einer alten Forderung der Wirtschaft entsprochen, sich leidiger Überprüfungen zu entledigen. Im Rahmen der Debatte um das Umweltaudit hatten ja seinerzeit Unternehmen und FDP mehrmals gefordert, die Firmen sollten Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen selbst überwachen. Das wurde im Jahr 2000 aus gutem Grund abgelehnt. Frau Homburger hat jetzt diesen Entwurf gelobt. Nun soll beides gleich ganz abgeschafft werden, und zwar ohne Alternative und mit zweifelhafter Begründung. Firmen, die wenig Lust auf Abfallwirtschaftskonzepte hätten, erstellten in der Regel sowieso keine vernünftigen Pläne, ist im Entwurf zu lesen. Hört, hört! Doch wenn ich mich richtig erinnere, sollen Abfallkonzepte und -bilanzen - so ist das damals diskutiert worden - von den Behörden überprüft werden. Wenn dies nicht anständig geschieht, dann liegt das daran, dass in den Vollzugsverwaltungen immer mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingespart werden. (Beifall bei der LINKEN) Durch Abfallbilanzen und Abfallwirtschaftskonzepte wurden nicht wenige Unternehmen dazu veranlasst, das erste Mal gründlicher über ihre Abfallströme nachzudenken; ich kenne das aus eigener Erfahrung. Gleichzeitig sind sie ein Instrument, illegalen Entsorgungen vorzubeugen oder diese aufzudecken. Deswegen meinen wir, sie sollten erhalten bleiben. Ich weiß von Abfallbilanzen, Frau Homburger, an denen die großen Firmen richtig Geld verdienen. (Beifall bei der LINKEN) In dem sensiblen Abfallbereich noch stärker auf Markt und Selbstkontrolle zu setzen, scheint uns dagegen naiv oder fahrlässig zu sein; denn die Realität spricht eine deutliche Sprache: Abfallströme werden sich stets den billigsten Weg suchen, unzählige Müllskandale belegen dies. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis. Ich möchte nur an die illegale Scheinverwertung von Gewerbeabfällen erinnern. Dabei wurden in der Vergangenheit, um Kosten zu sparen, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern der andienungspflichtige Gewerbemüll zur Entsorgung entzogen, grob sortiert und anschließend schlicht auf Billigdeponien abgelagert. Wer denkt, dieses dunkle Kapitel ist seit dem 1. Juni 2005 abgeschlossen, der irrt sich. Stattdessen geht das Ganze ins Ausland. In einem tschechischen Dorf in Nordböhmen sind beispielsweise kurz vor Weihnachten rund 4 000 Tonnen deutschen Mülls auf dem Gelände eines in Konkurs gegangenen landwirtschaftlichen Betriebes abgekippt worden. Auftraggeber: ein Recyclingunternehmen aus Deutschland. Ich frage Sie einfach: Sehen Sie eine solche Recyclingwirtschaft als in ihren Möglichkeiten beschränkt? Wir sehen das nicht. (Beifall bei der LINKEN) Ich denke, hier muss etwas Wesentliches passieren. Die Abfälle waren als Kunststoffreste deklariert. Tatsächlich bestand das Abfallgemisch aber aus Plastikflaschen und Textilien. Das ist kein Einzelfall. Bitte befassen Sie sich mit diesem Thema! Wir lehnen den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Abschließend möchte ich mich kurz zu Herrn Brand äußern. Wenn Sie darauf hinweisen, dass Sie dem deutschen Volk dienen, dann halte ich Ihnen entgegen, dass wir für die Belange der Bevölkerung in diesem Land wie auch - gerade im Bereich der Umwelt - in den anderen europäischen Staaten zuständig sind. Ich denke, Umweltschutz hat auch eine internationale Dimension. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Überwachungsvorschriften in der Abfallwirtschaft nicht aufweichen!
Rede
von
Eva Bulling-Schröter,