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Tobias Pflüger: »Jetzt endlich aus Afghanistan abziehen«

Rede von Tobias Pflüger,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Situation in Afghanistan hat sich durchaus verändert. Es gibt eine sicher völlig unzureichende, aber immerhin vorhandene Vereinbarung von Doha, nach der die ausländischen Truppen zum 1. Mai 2021 abziehen sollen. Nach allem, was man hört, will sich die US-Administration nicht daran halten.

Und jetzt bekommen wir von der Bundesregierung – als wäre nichts gewesen – den fast gleichen Antrag wie jedes Jahr vorgelegt, diesmal mit einer Verlängerung bis zum 31. Januar 2022. Was soll das denn? Was soll das, dass hier ein Antrag vorgelegt wird, ohne die konkrete Situation vor Ort mit zu berücksichtigen?

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung hätte ja eine konditionierte Verlängerung von einigen Monaten beantragen können, um den Abzug vollständig abzuwickeln. Wenn Sie das deshalb machen, um das Thema „Bundeswehr in Afghanistan“ aus dem Wahlkampf rauszuhalten, dann – das sage ich Ihnen klipp und klar – haben Sie sich geschnitten. Für uns als Linke ist das eine Grundsatzfrage. Wir wollen, dass die Bundeswehr endlich aus Afghanistan abgezogen wird.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Und die Frauen alleingelassen werden!)

Und wieso entscheiden Sie für eine neue Regierung ab Oktober dieses Jahres?

Scheitert dieser Abzug, dann drohen neue Angriffe der Taliban – auch auf die Bundeswehr. Diese Gefahr besteht; das geben Bundesregierung und NATO ja zu. Die Bundeswehr ist dann in der schwierigen Situation, den Abzug zu organisieren, während der Krieg wieder stärker aufflammt. Deshalb appelliere ich an Sie: Der Abzug ist vereinbart, die Bundeswehr hat sich darauf eingestellt. Das ist die Gelegenheit, diesen Kriegseinsatz endlich zu beenden!

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Da freut sich aber Herr Trump!)

Die NATO steht in Afghanistan „vor einer gescheiterten Mission“, kommentiert die „FAZ“. Und Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagt klar:

"Wenn die NATO das Abkommen mit den Taliban brechen sollte und länger im Lande verweilt, gefährdet sie die westlichen Truppen und verharrt weiterhin in einem Krieg, den sie nicht gewinnen kann."

Genau so ist es, und deshalb sind wir für einen Abzug der Bundeswehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach 20 Jahren westlicher Intervention ist das Land tief gespalten und in den Krieg versunken. Nach UN-Berichten wurden allein im vergangenen Jahr Tausende Zivilistinnen und Zivilisten getötet; Hunderttausende mussten vor den Kämpfen fliehen. Und in Afghanistan grassiert Corona, und zwar heftig. Das Auswärtige Amt schreibt, Afghanistan sei ein „Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko“. Es heißt dort:

"Vor Reisen nach Afghanistan wird gewarnt. Deutsche Staatsangehörige werden aufgefordert, Afghanistan zu verlassen."

Und in dieser Situation werden Geflüchtete nach Afghanistan abgeschoben! Ich halte das für unverantwortlich. Das muss sofort beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass keine Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden, und wir wollen, dass dieser Bundeswehreinsatz in Afghanistan endlich beendet wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)