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Tobias Pflüger: Entwicklungsperspektive für den Südsudan statt Bundeswehr

Rede von Tobias Pflüger,

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang eine Vorbemerkung von mir als neugewähltem Abgeordneten. Wir diskutieren heute sage und schreibe sieben Bundeswehrmandate.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Das ist richtig Arbeit!)

Ich will sehr klar sagen: Davor gab es keine Debatte in einem Verteidigungsausschuss,

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Weil es erst an den Ausschuss überwiesen wird!)

weil es bisher noch keinen Verteidigungsausschuss gibt. Ich kann sagen, dass ich persönlich das sehr gewöhnungsbedürftig finde. Es gab auch keine weiteren Informationen der geschäftsführenden Bundesregierung oder auch der Bundeswehr, beispielsweise in Form einer Unterrichtung der Abgeordneten.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Informieren Sie sich doch!)

Sie reden groß davon, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Ich kann nur sagen: Es bedarf tatsächlich einer seriösen Beratung von Bundeswehrmandaten. Ich glaube nicht, dass das, was wir im Moment hier tun, eine seriöse Beratung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen explizit die Einsetzung eines Verteidigungsausschusses, und wir fordern, dass die laufenden und noch zu beschließenden Bundeswehreinsätze hier seriös diskutiert werden.

Ich will noch kurz eine Bemerkung zu dem machen, was die geschäftsführende Bundesregierung im Militärbereich gerade tut. Sie hat PESCO zugestimmt und vorangetrieben. Das ist die sogenannte EU-Militärunion.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Verteidigungsunion!)

Auch da ist es so – wir haben als Linksfraktion dazu einen Antrag aufgesetzt –, dass der Deutsche Bundestag wesentlich daran beteiligt werden muss. Das Verfahren, das Sie hier als geschäftsführende Bundesregierung betreiben, ist nicht korrekt. Wir kritisieren das als Linksfraktion sehr klar.

(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Also Zustimmung!)

Nun zum konkreten Einsatz UNMISS. Es geht um ein Mandat für den Einsatz von bis zu 50 Bundeswehrsoldaten als Teil der UN-Mission UNMISS. 2011 wurde der Einsatz gestartet. Es gab von Anfang an eine Schieflage, weil es, wie es damals hieß, konkret darum ging, die neuentstandene südsudanesische Regierung bei der Schaffung von Stabilität zu unterstützen. Herr Schwabe, Sie beschreiben und stellen Forderungen auf, denen ich bekanntlich mit Ausnahme der letzten zustimme. Aber ein zentrales Problem dieses Einsatzes ist diese Schieflage und die Tatsache, dass man mit diesem südsudanesischen Regime genauso zusammenarbeitet wie mit dem – in Anführungszeichen – nordsudanesischen Regime. Genau das macht diesen Einsatz hochproblematisch, und deshalb werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt im Südsudan 1,25 Millionen Menschen, die direkt vom Hungertod bedroht sind. Das ist doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Mehr als die Hälfte der Menschen ist mangelernährt oder auf internationale Hilfe angewiesen. Die südsudanesischen Regierungstruppen – das wurde schon genannt – versuchen immer wieder, die Verteilung der humanitären Hilfsgüter zu behindern und zu verhindern. Genau deshalb ist eine Zusammenarbeit mit dieser südsudanesischen Regierung ein wesentliches Problem dieses Einsatzes.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt tatsächlich einen Schlüssel, wie man diesen Konflikt angehen könnte. Amnesty International und eine ganze Reihe von Nichtregierungsorganisationen machen immer wieder darauf aufmerksam, dass die Lieferung von Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenständen – auch aus europäischen Staaten – mit zur Destabilisierung des Landes beiträgt. Ohne solche Rüstungsexporte, die zum Beispiel auch Kampfhubschrauber aus der Ukraine mit einschließen, und Militärausbildung für diejenigen, die diese Waffen benutzen, hätte der Konflikt im Südsudan nicht in diesem barbarischen Ausmaß eskalieren können. Die dafür Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu will ich klipp und klar sagen: Auch aus Deutschland werden nach wie vor Kleinwaffen und Munition für den Südsudan geliefert – siehe Rüstungsexportbericht 2016. Diese Waffen gehen keineswegs nur an die UN-Mission, sondern leider auch an die Regierungstruppen und auf diesem Weg mitten in den Konflikt. Wir sagen: Das muss gestoppt werden. Das ist ein ganz wesentliches Problem dieses Konfliktes.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt sagen Sie, die Antwort auf die humanitäre und politische Krise im Südsudan wäre unter anderem, UNMISS zu schicken. Ich sage klipp und klar: Die wenigen Bundeswehrsoldaten werden dieses Problem logischerweise nicht lösen. Was wir stattdessen brauchen, ist eine zivile Entwicklungsperspektive.

Gut. Frau Kollegin, ich danke. – Der Südsudan-Experte Peter Schumann sagt in einem Interview klipp und klar, um was es geht:

"Um die Opferzahl drastisch zu senken, müssen vor allem aber umgehend die Waffenlieferungen gestoppt werden."

Das ist für uns eine der zentralen Forderungen – und nicht eine Verlängerung des UNMISS-Einsatzes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)