Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich ist vieles von dem, was in der neunten Novelle drinsteht, ausdrücklich zu begrüßen. Meine Redezeit von drei Minuten würde auch nicht ausreichen, das alles aufzuzählen, geschweige denn, zu kommentieren. Das Problem ist jedoch nicht das Begrüßenswerte, sondern dass die meisten Sachen schlichtweg überfällig sind. Wir hätten vieles von dem, über das wir heute diskutieren, möglicherweise schon vor zehn Jahren gebraucht, um auf bestimmte Marktumwälzungen zu reagieren, die scheinbar einfach so im luftleeren Raum geschehen sind.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel – der Kollege Janecek hat es auch schon erwähnt –: den Messengerdienst WhatsApp. Ihm kann man mittlerweile getrost eine Bedeutung zumessen, die die SMS möglicherweise vor 10 oder 15 Jahren einmal hatte. Diese geschlossene Plattform eines einzelnen Unternehmens ist gerade dabei, Standard für Millionen von Menschen zu werden, so wie es möglicherweise – wie haben es noch erlebt – die SMS einmal gewesen ist. Dass WhatsApp zu allem Überfluss auch noch von Facebook gekauft wurde, verschlimmert die Situation noch. Die marktbeherrschende Stellung wird möglicherweise auf Jahrzehnte festgeschrieben.
Die Novelle zum GWB führt nun dazu, dass die Kartellwächter in einem solchen Fall ein Wörtchen mitzureden gehabt hätten. Aber Sie fassen das grundsätzliche Problem nicht an: Sobald ein digitaler Kommunikationsdienst eine gewisse Schwelle der Verbreitung bei Nutzern überschritten hat, verbreitet er sich quasi automatisch weiter. Wenn zum Beispiel sieben, acht oder zehn Ihrer Freunde diese Kommunikationsplattform nutzen, dann entsteht für Sie dadurch ein Druck, selber auch dort mitzumachen, weil Sie ansonsten von dieser Art der Kommunikation ausgeschlossen werden.
Da mag es zwar auch andere Angebote geben, die vielleicht komfortabler, technisch fortgeschrittener oder sicherer sind; ihre Marktchancen sind allerdings in aller Regel gleich null, weil es eben diese monopolistischen Plattformen gibt. Ein Beispiel, das man dazu anführen könnte: Jemand hat einen Telefonanschluss von Vodafone und könnte nicht so einfach mal mit jemandem telefonieren, der bei der Telekom ist. – Ich glaube, alle würden uns für ein bisschen verrückt halten, wenn wir eine solche gesetzliche Grundlage hätten. Aber in dem konkreten Fall dieser WhatsApp-Dienste oder des älteren SMS-Dienstes ist das heute leider Gottes Realität.
Statt sich also allein auf die vorhandene Marktmacht bei möglichen Fusionen zu konzentrieren, hätte eine wirksame Reform an diesem Punkt ansetzen müssen. Nur wenn man den Betreiber einer marktbeherrschenden Kommunikationsplattform dazu zwingt, seinen Dienst auch für Mitbewerber zu öffnen, wie wir das im Bereich der Telekommunikation, also der Telefon- und Internetanbieter, bereits seit den 90er-Jahren haben, hat ein Konkurrent tatsächlich eine Chance, seine Produkte und seine Dienstleistungen anzubieten und sich zu beweisen. Das haben wir leider nicht, auch nicht mit Ihrer Novelle, und das kritisieren wir als Linksfraktion.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein zweites Beispiel. Es zieht sich die Ratlosigkeit in der digitalen Frage wie ein roter Faden durch die Novelle. Dass ausgerechnet unter der Überschrift „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ die Presseverlage geradezu zur Kartellbildung aufgefordert werden, ist aus Sicht der Linksfraktion ein schlechter Witz.
(Martin Dörmann [SPD]: Das ist ja auch eine falsche Darstellung!)
Natürlich stehen die Verlage im Zuge der Digitalisierung unter Druck. Aber keine der Maßnahmen der Bundesregierung ist dazu geeignet, die Branche wirklich langfristig zu unterstützen.
(Martin Dörmann [SPD]: Das werde ich gleich erläutern!)
Der vorliegende Entwurf führt zu einer weiteren Monopolisierung; er führt zu Arbeitsplatzabbau und zu weniger Pressevielfalt, und das sehen wir als Linksfraktion sehr kritisch. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Ausführungen; Sie werden sicherlich etwas dazu sagen. Vielleicht habe ich dann noch die eine oder andere Zwischenfrage zu dem Thema.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN – Martin Dörmann [SPD]: Ich hoffe, ich kann Sie überzeugen! Ich stehe für jede Zwischenfrage zur Verfügung!)