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Thomas Lutze: Nachhaltigkeit ist ein ressortübergreifendes Schlüsselthema

Rede von Thomas Lutze,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit ist sicherlich ein vielsagender Begriff. Die meisten Menschen denken hierbei an etwas Gutes, etwas für die Zukunft oder etwas Notwendiges. Es gibt sicherlich mehrere Definitionen für diesen Begriff, und für jede Definition gibt es noch verschiedene Interpretationen, was man unter Nachhaltigkeit verstehen kann. Genau vor diesem Hintergrund fand ich es gut, dass es im Bundestag einen Beirat für nachhaltige Entwicklungen gibt; denn die Überprüfung von Nachhaltigkeit ist für unser Gesetzgebungsverfahren eine sehr wichtige Aufgabe.

(Beifall bei der LINKEN)

Heute beraten wir die Stellungnahme des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung zum sogenannten Peer-Bericht. Dieser bewertet die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung.

Ich nutze die Gelegenheit, um auch über die Rolle des Beirats im Parlament zu sprechen. Dazu finden wir richtige Überlegungen in der Stellungnahme des Beirates; denn bisher kann der Beirat über Forderungen und Wünsche aufgrund seiner Stellung im Parlament nicht hinauskommen. So ist der Beirat nur ein beratendes Organ im Gesetzgebungsverfahren. Neue Gesetze werden auf Richtigkeit und Glaubwürdigkeit hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit geprüft. Darüber hinaus kann der Beirat im besten Fall mithelfen, die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung in die richtige Richtung zu lenken. Ob die Bundesregierung sich dann tatsächlich an ihre eigene Nachhaltigkeitsstrategie hält oder sie effektiv umsetzt, ist eine vollkommen andere Frage.

Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung ist in 66 Nachhaltigkeitsindikatoren aufgegliedert. 29 davon weisen momentan einen Trend auf, bei dem davon auszugehen ist, dass das Ziel nicht erreicht wird. Besonders in den Feldern Klimaschutz, Erhaltung der Artenvielfalt und Luft- und Wasserverschmutzung zeigt die Politik der Bundesregierung deutliche Defizite.

Die Bundesrepublik – das ist schon gesagt worden – bekennt sich zu dem Grundsatz „leaving no one behind“ aus der UN-Agenda 2030. Wir wollen also niemanden zurücklassen. Länder, die zum Beispiel Probleme bei der Finanzierung und Umsetzung des Klimaschutzes haben, sollen unterstützt werden. Allerdings findet dieser Grundsatz keine konkrete Umsetzung in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Das muss sich ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Des Weiteren kritisiert der Peer-Bericht die Ineffektivität des Staatssekretärsausschusses. Dieser ist offenbar kein ausreichendes Gremium, um die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung effektiv umzusetzen. Der Peer-Bericht empfiehlt, dass die Bundesregierung ihre Nachhaltigkeitsstrategie durch ein Maßnahmenprogramm konkretisiert. So sollen ressortspezifische Maßnahmenpläne für jedes Ministerium entwickelt werden.

Seit 2009 bin ich Mitglied dieses Parlaments. Ich war acht Jahre im Verkehrsausschuss und im Tourismusausschuss. Seit 2013 habe ich meinen Arbeitsschwerpunkt im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Soweit ich mich erinnern kann, sind die Stichworte „Parlamentarischer Beirat für Nachhaltigkeit“ und „Nachhaltigkeitsprüfung“ noch nie, also in keiner Sitzung dieser Ausschüsse, auch nur ein einziges Mal gefallen.

Im Peer-Bericht wird deshalb zu Recht gefordert, den Beirat mit mehr Einflussmöglichkeiten auszustatten. In seiner Stellungnahme macht der Beirat das konkret und fordert zum Beispiel für Beiratsmitglieder ein gesondertes Rederecht in den Ausschüssen.

Des Weiteren wäre es sinnvoll, wenn der Beirat in die Geschäftsordnung des Bundestages aufgenommen wird. Das ist bislang nämlich nicht der Fall. Bislang hat der Beirat für nachhaltige Entwicklung keine direkte Einflussmöglichkeit auf das Gesetzgebungsverfahren. Es fehlen Sanktionsmöglichkeiten oder ein Vetorecht. Das wären zumindest Möglichkeiten, auch Öffentlichkeit herzustellen, wenn Fehlentwicklungen der Politik der Bundesregierung zu kritisieren sind. Ohne diese Instrumente hat der Beirat keine Handhabe, innerhalb oder außerhalb des Parlamentes auch nur den geringsten Druck zu erzeugen.

Um das zu ändern, gibt es zwei Möglichkeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die erste, vielleicht ungünstigere, ist: Wir lösen den Beirat auf, weil er keinen Einfluss hat. Die zweite Möglichkeit ist: Der Beirat bekommt endlich Kompetenzen wie ein Fachausschuss. Das muss sich ändern, damit diese parlamentarische Arbeit, die notwendig und sinnvoll ist, auch einen parlamentarischen Sinn bekommt.

Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall bei der LINKEN)