Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! 2004 hatte der Bundestag die Meisterpflicht in vielen Gewerken des Handwerks abgeschafft. Man wollte schneller, flexibler und besser sein. Es gab schon damals zahlreiche Warnungen, auch von meiner Partei. Aber das war eben der Zeitgeist, der damals herrschte. Aufgrund dieses Zeitgeistes wurde auch Hartz IV eingeführt, der Niedriglohnsektor ausgebaut und Leiharbeit von der Ausnahme zur Regel gemacht. Es ist gut, zu beobachten, dass sich der Wind langsam dreht.
(Beifall bei der LINKEN)
Ja, Bedenken gab es bereits 2004: zum Beispiel bei der Sicherheit der Produkte und Leistungen, im Verbraucherschutz – hier ging es um die Interessen der Kundinnen und Kunden – sowie bei den Arbeitsbedingungen der Beschäftigen. All dies werde unter der Reform von 2004 leiden. – Wir und viele andere aus der Gesellschaft hatten recht – leider. Auch deshalb stimmt die Linksfraktion heute dieser halben Rolle rückwärts zu. Es ist ein kleiner Schritt, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
(Beifall bei der LINKEN)
Warum passiert nicht mehr? Es wird immer erklärt, das Wirtschaftsministerium habe geprüft, welche der betroffenen Gewerke wieder umgestellt werden können und welche nicht. Ja, es gibt mit Sicherheit die eine oder andere europarechtliche Regelung, die heute anders ist als 2004. Das muss beachtet werden. Aber der Strich, der gemacht wurde, war für meine Begriffe viel zu kurz.
Es gibt nämlich auch Widersprüche. Dass jetzt Gerüstbauer nur dann Gerüste aufbauen können, wenn sie einen Meisterbrief haben, ist richtig. Gleichzeitig dürfen aber auch Reinigungskräfte bzw. Unternehmen der Reinigungsbranche Gerüste aufstellen, ohne dass sie einen Meisterbrief besitzen. Bei allem Respekt – ich traue das diesen Unternehmen und Beschäftigten durchaus zu –: Aber diese rechtliche Ungleichbehandlung ist nicht nachvollziehbar. Sorry, das können Sie auch nicht mit dem EU-Recht erklären. Das macht einfach keinen Sinn.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweiter Aspekt. In unserer Wirtschaft verzeichnen wir seit Jahren in vielen Bereichen einen erheblichen Fachkräftemangel – das ist gerade angesprochen worden –, auch im Handwerk. Die teilweise Wiedereinführung der Meisterpflicht kann hierfür nicht die alleinige Lösung sein. Sie ist aber im Bereich des Handwerks ein sehr wichtiger Baustein. Im Bereich der Fliesenleger zum Beispiel kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Solo-Selbstständigkeit. Das war für viele Handwerker fürwahr kein Fortschritt. Häufig ging die soziale Absicherung dieser Freiberufler verloren. Als Gesetzgeber müssen wir bitte schön darauf achten, dass Derartiges vermieden wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Trotz guter Ansätze packt diese Reform bei Weitem nicht alle Probleme des Handwerks an. Die geringe Tarifbindung und die deswegen im Vergleich mit der Industrie oft niedrigeren Löhne machen das Handwerk für viele Beschäftige eher unattraktiv. Es gibt hierfür sicherlich keine einfachen Lösungen, aber es gibt dringenden Handlungsbedarf. Betriebliche Mitbestimmung und die Absicherung von tariflichen und fairen Löhnen ist ein Standortvorteil in unserer sozialen Marktwirtschaft. Flächendeckende Tarifbindung bedeutet auch, dass bei Ausschreibungen und öffentlichen Aufträgen der Wettbewerb zwischen den Unternehmen fair abläuft und kein Lohndrückerwettbewerb stattfindet.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass der Bundestag unsere Vorschläge, unsere Anträge damit abtut, dass dieses Thema nicht zur Sache und damit nicht hierhergehört, ist sehr bedauerlich. Wir werden aber bei dem Thema dranbleiben.
Das verspreche ich Ihnen.
Glück auf!
(Beifall bei der LINKEN)