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Taiwan nicht politisch aufwerten

Rede von Monika Knoche,

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind gut beraten, taiwanische Interessen auf staatliche Souveränität nicht durch partielle und in der Bedeutung überhöhte Fragen eine Aufwertung zu geben. Monika Knoche in Ihrer zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung des Antrags: Für einen Beobachterstatus Taiwans bei der Weltgesundheitsversammlung.

"Zu später Stunde beschäftigen wir uns mit einem kleinen Problem, das - ich sage es direkt - auch noch größer gemacht wurde mit diesem Antrag als es eigentlich ist. Mag sein, dass es den Freidemokraten entgangen ist - ich kann es mir jedoch nicht so recht vorstellen - Tatsache ist aber: Taiwan ist seit Mai 2005 Gegenstand eines Memorandums of Understanding mit China. Es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen der WHO und China, eine Vereinbarung auf der Grundlage der Ein-China-Politik, die es Taiwan erlaubt, unter bestimmten Bedingungen an WHO-Sitzungen teilzunehmen. Gesundheitspolitische Experten aus Taiwan haben im zurückliegenden Jahr achtmal Gebrauch von dieser Vereinbarung gemacht, und zwar genau zu den Themen, die die FDP hier darstellt respektive heraushebt - wie die Vogelgrippe. Das Memorandum of Understanding erstreckt sich auf alle Fragen der Gesundheitsprävention, die übertragbare Krankheiten betreffen, also auch HIV/ Aids, TBC etc. Zwar ist der Text des Memorandums nicht öffentlich, wohl aber alle Informationen der WHO zu den angesprochenen Krankheiten. So sind alle Richtlinien der WHO zugänglich und über Internet alle fachlichen Informationen zu erhalten. Von einem Informationsdefizit kann nicht die Rede sein, von einem Kooperationsdefizit der WHO mit Taiwan auch nicht. Allerdings erlaubt es der konstitutionelle Rahmen der WHO nicht, direkte diplomatische Beziehungen zu Taiwan aufzunehmen. Die FDP scheint dies mit dem Antrag aber auch gar nicht zu wollen. Die darin vorgeschlagenen Erweiterungen über das genannte Memorandum hinaus bergen meines Erachtens zu viele Risiken auf außenpolitischem Gebiet, als dass ich ihnen zustimmen wollte. Taiwan kann von sich sagen, dass es einen hohen medizinischen und gesundheitlichen Standard aufweist. Es ist wahrlich kein Entwicklungsland, in dem gravierende Defizite auf diesem Gebiet epidemiologisch die Warnsignale aufleuchten ließe. Auch - so meine ich - ist die Vogelgrippe überschätzt in ihrem Bedrohungspotenzial, als dass man deswegen von "außen- und sicherheitspolitischen Implikationen" reden müsste. Insofern ist das Beispiel Vogelgrippe ohnehin schlecht gewählt. Zur Frage, ob wir uns als Parlament mit dem Thema befassen sollen, neige ich zur Ablehnung. Taiwan ist vom Großteil der Staaten nicht als unabhängiger Staat anerkannt. Das hat seine guten Gründe und daran wollen Sie und wir nichts ändern. Die Ausgrenzung Taiwans in sachlichen und fachlichen Fragen des Infektionsschutzes kann ich aufgrund unserer Recherche nicht sehen. Wir sind als Abgeordnete gut beraten, taiwanische Interessen auf staatliche Souveränität nicht durch partielle und in der Bedeutung überhöhte Fragen eine Aufwertung zu geben."