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Sylvia Gabelmann: Reform der Psychotherapeutenausbildung kommt Jahre zu spät

Rede von Sylvia Gabelmann,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher! Dieser Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung kommt mindestens fünf Jahre zu spät. Immerhin hatte die Große Koalition schon 2013 eine Reform angekündigt. Den Preis für diese Untätigkeit – es wurde eben auch schon erwähnt – zahlen die Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Ausbildung, die Jahr für Jahr unter prekären, untragbaren Bedingungen arbeiten, mit geringer oder gar keiner Bezahlung, häufig ohne soziale Absicherung. Umso unverständlicher ist es, dass es im Gesetzentwurf keine Übergangsregelung für die 20 000 Psychologinnen und Psychologen gibt, die in den nächsten Jahren noch die alte Ausbildung durchlaufen werden. Es ist doch einfach nur zynisch, zu sagen, die Menschen hätten ja vorher gewusst, was auf sie zukommt, und sie unter diesen Bedingungen weiterarbeiten zu lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert sofort umzusetzende Übergangslösungen für die Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Ausbildung, um endlich die ausbeuterischen Bedingungen zu beenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht nur die Übergangsregelungen fehlen bei diesem Gesetz, sondern auch ein Konzept für die Finanzierung der Weiterbildung. Es ist völlig unklar, wie im ambulanten Teil der Weiterbildung Ausbildungs- und Supervisionsstunden honoriert werden sollen. Die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, wie etwa ein Fonds analog dem Förderfonds für ärztliche Weiterbildung, werden bewusst ignoriert. Die Linke bringt einen eigenen Antrag in diese Lesung ein, in dem wir fordern, endlich Übergangsregelungen und ein Konzept zur Finanzierung der Weiterbildung vorzulegen. Nicht nur Übergangsregelungen und Weiterbildungsfinanzierung sucht man vergeblich in diesem Gesetz, sondern auch einen Entwurf für eine Approbationsordnung. Das heißt: Herr Spahn hat ein unfertiges Gesetz abgeliefert.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wieland Schinnenburg [FDP])

Auch ohne die Approbationsordnung ist schon jetzt abzusehen, dass dieser Gesetzentwurf die gravierende Einseitigkeit im jetzigen Psychologiestudium fortschreiben wird. 59 der 60 Lehrstühle für Klinische Psychologie an staatlichen Universitäten sind mit Verhaltenstherapeuten besetzt. Das heißt, den Studierenden ist es nicht möglich, zwischen verschiedenen Psychotherapieverfahren eine fachkundig begründete Wahl zu treffen. Wir wollen daher ein Angebot verschiedener Verfahren, und wir wollen, dass alle Lehrenden die Fachkunde für ihr eigenes Verfahren nachweisen können. Nur so können sich die Studierenden frei zwischen den wissenschaftlich anerkannten Verfahren entscheiden, und nur so kann auch die Verfahrensvielfalt in der Versorgung der Patientinnen und Patienten gesichert werden. Es braucht wieder ein stärkeres gesellschaftskritisches Verständnis von Psychologie und Psychotherapie. Psychische Probleme sind auch ein Spiegel von gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen. Die angehenden Psychotherapeutinnen und -therapeuten sollten im Studium befähigt werden, über die individualisierte Sicht hinaus einen übergreifenden soziologischen Blick einzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das kommt mir in Ihrem Gesetzentwurf leider viel zu kurz. Legen Sie also endlich Übergangsregelungen, ein Konzept für die Finanzierung des ambulanten Teils der Weiterbildung und eine Approbationsordnung vor, und stellen Sie sicher, dass alle wissenschaftlich anerkannten Verfahren und auch in der Wissenschaft diskutierte Neuerungen in das Studium Eingang finden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)