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"Studierende, Lehrende und Studieninteressierte werden im Regen stehen gelassen"

Rede von Nele Hirsch,

"DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf: Nehmen Sie Ihre Sonntagsreden zur Priorität der Bildung ernst. Heben sie die Haushaltssperre für die Bildungsprogramme wieder auf und schaffen Sie Raum für die Erarbeitung eines qualitativen Hochschulpaktes!", so Nele Hirsch, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in ihrer zu Protokoll gegebenen Rede zum Tagesordnungspunkt 13 "Hochschulpakt".

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

als der heutige Tagesordnungspakt aufgesetzt wurde, konnte noch niemand ahnen, welche Entwicklungen die Hochschulprogramme des Bundes nehmen würden. Seit letztem Freitag wissen wir: auch sie bleiben von der Krise nicht verschont! Finanzminister Peer Steinbrück hat sie unter Haushaltsvorbehalt gestellt. Studierende, Lehrende und Studieninteressierte werden im Regen stehen gelassen.

Diese Entscheidung ist umso trauriger, da selten zuvor in solch einem krassen Ausmaß deutlich wurde, wie fundamental unterschiedlich Bildung und Banken in diesem Land behandelt werden und wie wenig die vielen Sonntagsreden über die vermeintliche Priorität der Bildung Wert sind. Wir erinnern uns: Es brauchte nicht einmal zwei Wochen um das Bankenrettungspaket in einem Umfang von fast 500 Milliarden Euro durch Bundestag und Bundesrat zu schleusen; für die Commerzbank stellten SPD und Union sogar in nur einer einzigen Nacht 18 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Vergleich dazu geht es beim Hochschulpakt wirklich nur um Kleckerbeträge - aber angeblich ist hierfür mal wieder kein Geld da. Dass es auch anders geht und andere Prioritäten gesetzt werden können, zeigen die USA: Hier wird in diesen Zeiten allein der Forschungsetat um 32 Milliarden Dollar in diesem Jahr aufgestockt. An Kurzsichtigkeit ist die Bundesregierung also kaum zu überbieten. Es wäre jetzt dringend geboten, mehr Mittel in die Hochschulbildung zu geben.

Die Entscheidung, ob unter anderem der Hochschulpakt fortgesetzt werden soll, wird erst nach der Bundestagswahl gefällt. Die Große Koalition wird ihr Ziel, die Studierendenquote auf 40 Prozent eines Altersjahrganges auf diese Weise nicht erreichen können. Aber schon jetzt ist sie Meister im vertagen von Entscheidungen und dem Einrichten von Arbeitsgruppen.

DIE LINKE hält diese Politik für einen Skandal. Wir werden es nicht hinnehmen, dass die Zeche für die Krise über das Kapputtsparen der Bildung finanziert wird. Die Bundesregierung muss endlich dafür Sorge tragen, dass diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die das Geld haben und die Krise verursacht haben. Deshalb fordert DIE LINKE die Einführung einer Vermögens-, Börsenumsatz- und einer Millionärssteuer.

Allein mit der Bereitstellung der versprochenen Mittel für den Hochschulpakt wäre es allerdings auch nicht getan. Denn der bisherige Pakt war und ist ein Mangelpakt.

Sein größtes Problem ist die unzureichende Ausstattung und die fehlenden qualitativen Aspekte. An den Hochschulen war in den letzten Semestern schon ohne Wirtschaftskrise eine Studienkrise zu erleben. Überfüllte Hörsäle, endloslange Einschreibelisten bei Seminaren und Sprachkursen und eine massive Ausweitung von Auswahlverfahren sorgten für eine deutliche Qualitätsverschlechterung im Studium. Dies alles geschah vor dem Hintergrund des Bologna-Prozesses. Wenn diese Reform mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge gelingen soll, dann nur, wenn mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.

Ein weiteres Problem ist die unsoziale Ausrichtung des Paktes. So macht er keinerlei Unterscheidung zwischen Bundesländern, die Gebühren erheben und solchen die ein gebührenfreies Studium sichern. DIE LINKE hält das für falsch. Studiengebühren sind unsozial und schrecken gerade Menschen aus bildungsfernen Haushalten von einem Studium ab. Solange die Bundesregierung sich weigert, die bundesweite Gebührenfreiheit des Studiums durchzusetzen, müsste sie mindestens die Gebühreneinnahmen der Länder von ihrem jeweiligen Anteil am Hochschulpakt wieder abziehen. Ansonsten wird der unsoziale Zugang an die Hochschulen zementiert.

DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf: Nehmen Sie Ihre Sonntagsreden zur Priorität der Bildung ernst. Heben sie die Haushaltssperre für die Bildungsprogramme wieder auf und schaffen Sie Raum für die Erarbeitung eines qualitativen Hochschulpaktes!

Vielen Dank!