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Strukturreform beim BAföG vorbereiten - Hochschulen sozial öffnen

Rede von Nele Hirsch,

Rede zu Protokoll (Tagesordnungspunkt 42) von Nele Hirsch, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion die LINKE.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE fordert, das Bundesausbildungsförderungsgesetz an die Studienrealitäten anzupassen und eine Strukturreform vorzubereiten. Zu diesem wichtigen Schritt sind Sie jedoch weiterhin nicht bereit. Damit stehen Sie für eine Politik, die die Interessen der Studierenden nur unzureichend wahrnimmt und die Hochschulen weiterhin sozial abriegelt.

Am Montag veröffentlichte das Allensbach eine repräsentative Umfrage zur Studienfinanzierung. Die Ergebnisse müssten auch rot-schwarz zu denken geben: Über zwei Drittel aller Studieninteressierten haben Angst vor hohen finanziellen Belastungen während des Studiums. Gut jede und jeder Dritte ist besorgt wegen möglicher Schulden nach dem Studienabschluss. Studierende, die die Finanzierung ihres Studiums als sehr schwer einstufen, denken sechsmal häufiger ernsthaft über den Abbruch des Studiums nach als Studierende, die ihr Studium sehr leicht finanzieren.

Diese Zahlen unterstreichen einmal mehr die Relevanz unseres heute vorliegenden Antrags. Studieninteressierte und bereits eingeschriebene Studierende an den Hochschulen brauchen eine verlässliche Studienfinanzierung. Das BAföG ist hierfür eine wichtige Errungenschaft, denn es bietet einen Rechtsanspruch auf Studienfinanzierung. Wer Studierenden unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ein erfolgreiches Studium sichern will, muss mindestens dafür sorgen, dass das BAföG regelmäßig den Lebenshaltungskosten und den Studienrealitäten angepasst wird. Dieser Herausforderung sind Sie in dieser Legislatur nicht nachgekommen. Ihre BAföG-Novelle kam viel zu spät und war viel zu zögerlich und darüber hinaus fehlten wichtige strukturelle Anpassungen, die wir mit unserem Antrag einfordern. Insbesondere betrifft dies den Anpassungsbedarf, der sich aus der Studiensituation der neuen Bachelor/Master-Studiengänge ergibt.

Außerdem verweigern Sie sich der Debatte um eine soziale Neustrukturierung der Studienfinanzierung. In unserem Antrag schlagen wir hierzu ein Zwei-Säulen-Modell vor. Der erste Korb soll aus einem für alle Studierenden einheitlichen Sockelbetrag bestehen, in dem alle kindbezogenen Transferleistungen und Freibeträge zusammengefasst werden und direkt an die Studierenden fließen. Der zweite Korb soll aus einem - in einem ersten Schritt elternabhängigen - Zuschussteil bestehen, der schrittweise hin zur Elternunabhängigkeit ausgeweitet wird.

Mit diesem Modell schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum ersten wäre das Modell sozial gerechter, da Studierende, die heute bedarfsorientiert BAföG erhalten, aber nach dem Studium mit der Rückzahlung ihrer BAföG-Schulden konfrontiert sind, künftig von Anfang an einen Vollzuschuss erhalten und deshalb keine Schulden machen müssten. Dieser Schritt kann viel dazu beitragen, dass die Hochschulen sozial geöffnet werden.

Zum zweiten nimmt das Modell Studierende als erwachsene Menschen ernst, indem es ihnen elternunabhängig eine Finanzierung des Studiums garantiert. Klar muss hierbei sein, dass Gutverdienende und Vermögende mit diesem Schritt nicht aus der Verantwortung für die Studienfinanzierung entlassen werden und wer behauptet, sie würden durch dieses Modell bevorteilt, handelt grob fahrlässig. Nach unseren Forderungen würden sie durch eine sozial gerechte Steuerpolitik maßgeblich an der Finanzierung beteiligt. Wegfallen würde aber die Abhängigkeit der Studierenden von ihren Eltern.

Verbunden mit unserer Forderung nach Gebührenfreiheit des Studiums wäre auf diese Weise ein großer Schritt getan, um allen Studieninteressierten unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, ein erfolgreiches Studium zu sichern.