Spät am Abend dieses langen Plenartages, mit zu Protokoll gegebenen Reden, haben wir uns mit einem Gesetzentwurf zu befassen, der für die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, die in ihrer bisherigen Struktur gescheitert ist, einen Neu-Anfang ermöglicht.
„Der Komplexität der Aufgabenstellung und des Meinungsspektrums“ soll noch besser Rechnung getragen werden als bisher. Und wie soll dies geschehen?
Indem Stiftungsrat und wissenschaftlicher Beraterkreis vergrößert und „das Berufungsverfahren für den Stiftungsrat modifiziert werden soll.“
Modifiziert - was heißt das? Sie erinnern sich:
Bisher gab es ein zweistufiges Berufungsverfahren für die Mitglieder des Stiftungsrates. Die beteiligten Institutionen: Bundestag, Glaubensgemeinschaften, der BdV … schlugen ihre Mitglieder nur vor. Die Regierung - sprich das Bundeskabinett ernannten. Also: Über jedes einzelne Mitglied des Stiftungsrates wurde abgestimmt. Und nur, wer einstimmig von der Regierung berufen wurde, konnte im Gremium seine Arbeit aufnehmen.
An dieser Bestimmung ist die Personalie Erika Steinbach gescheitert.
Und damit so etwas in Zukunft nicht wieder passiert, bestimmt das neue Gesetz, das nunmehr der Bundestag die Stiftungsratsmitglieder wählt.
Und zwar so: „Der Wahl liegt ein Gesamtvorschlag zugrunde, der nun als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden kann.“
Nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt: diese „Paketlösung“ ist ein übler Mehrheitstrick der Koalition. Diese „Paketlösung“ verhöhnt das Parlament, seine Mitbestimmung und seine Kontrollaufgabe bei einer Bundesstiftung.
Die Linksfraktion war von Anfang an gegen die Errichtung dieser Stiftung.
Und zwar aus drei Gründen:
Erstens: Wegen ihrer Konzeption - wir haben immer gefragt, wer sich - nach der Definition der Stiftung - mit wem versöhnen soll.
Nun haben wir vom Gründungsdirektor der Stiftung erfahren, dass es vor allem um eine „Versöhnung der Deutschen miteinander“ gehen soll - nicht hinnehmbar für eine Institution der Erinnerung an Weltkrieg und seine Folgen.
Zweitens: Wir haben nie verstanden, dass der Sitz der Stiftung ausgerechnet Berlin sein soll, der Ort von dem all die mörderischen Verbrechen ausgegangen sind, die schließlich auch zum Elend von Flucht und Vertreibung geführt haben.
Und drittens: Wir haben nie verstanden, wieso in einer Bundesstiftung - einer Stiftung des Bundes wohlgemerkt! nicht einer Verbandsstiftung - dem Bund der Vertriebenen als weitaus größte Gruppe eine derart dominierende Rolle eingeräumt wird. Das haben wir schon nicht verstanden als im alten Stiftungsrat 3 von 13 Sitzen dem BdV zugesprochen wurde. Nun bekommt er - ich bitte Sie! - 6 von 21 Sitzen - das heißt an der Gewichtung hat sich durch das neue Gesetz überhaupt nichts verändert.
Fazit: das neue Gesetz trägt der Komplexität der Aufgabenstellung dieser Stiftung in keiner Weise „besser Rechnung“ - im Gegenteil: es vermehrt nur die Ämter und Sitze in der Stiftung und degradiert das Parlament zu einem Zustimmungsapparat für eine völlig undemokratische „Paketlösung“. Schlimmer hätte es eigentlich nicht kommen können - unverfrorener nach all´ der öffentlichen Diskussion im In- und Ausland auch nicht.
Wie gesagt: wir haben bisher der Errichtung der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ nicht zugestimmt, - für die neue gesetzliche Regelung gilt dies erst recht!