Zum Hauptinhalt springen

Steuertechnisches Klein -Klein verhindert keine Schlupflöcher und bringt keine Millionen

Rede von Axel Troost,

Das Problem der deutschen Wirtschaft ist aus der Sicht der LINKEN. nicht, dass die Gewinnmargen zu klein wären und deswegen nicht investiert wird; das Problem ist und bleibt, dass die erwarteten Absatzchancen auf dem Binnenmarkt zu gering sind und deswegen die Investitionen ausbleiben. Axel Troost in der Debatte zur Umgehung von steuerlichem Missbrauch.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Koalitionsvertrag ist den Bürgerinnen und Bürgern in der Tat versprochen worden: „Mit gezielten Maßnahmen wollen wir die Konjunktur in Fahrt bringen.“ Auch haben Sie sich vorgenommen, verstärkt gegen Steuermissbrauch vorzugehen. Dass an dieser Debatte gleich zwei Minister teilnehmen, die versuchen, die heute vorliegenden Gesetzentwürfe unter diesem Motto vorzustellen, ist ja schon eine ganze Menge. Aber aus Sicht der Linken muss ich sagen: Die Bürgerinnen und Bürger werden von den beiden Gesetzentwürfen, die Sie vorgelegt haben, zutiefst enttäuscht sein. (Beifall bei der LINKEN) Der Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ hört sich klasse an. (Unruhe) Präsident Dr. Norbert Lammert: Einen kleinen Augenblick, Herr Kollege. Darf ich darum bitten, dass Gespräche nicht im Plenarsaal, sondern höchstens am Rande des Plenarsaals geführt werden? (Beifall bei der LINKEN) Bitte schön, Herr Kollege. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Danke. Aber wenn man sich die Gesetzentwürfe im Einzelnen ansieht, stellt man fest, dass es ausschließlich um steuertechnisches Klein-Klein geht. In der Summe sollen durch die vorgeschlagenen Maßnahmen Mehreinnahmen in Höhe von 820 Millionen Euro erzielt werden. (Ortwin Runde (SPD): Ja, natürlich!) Vor dem Hintergrund, dass die Einnahmeausfälle durch Steuerhinterziehung jährlich eine geschätzte Größenordnung von über 75 Millionen Euro erreichen, sind diese Maßnahmen wirklich kein mutiger, sondern ein sehr kleinmütiger Schritt. (Beifall bei der LINKEN) Und von den insgesamt erwarteten 820 Millionen Euro entfallen alleine auf eine Maßnahme die Steuerstundung 500 Milliarden Euro. Gestern im Finanzausschuss konnte mir niemand schlüssig erklären, wie diese Steuerstundung dauerhaft zu jährlichen Steuermehreinnahmen von 500 Millionen Euro führen soll. Insofern steht auch das, was hier vorgelegt worden ist, auf ganz wackeligen Beinen. Trotzdem sind einzelne Maßnahmen sicherlich sinnvoll; wir werden sie diskutieren und gegebenenfalls unterstützen. Aber alles in allem bleibt der Entwurf hinter unseren Erwartungen weit zurück. Nicht anders beim Thema Konjunktur. Heute liegt der steuerpolitische Teil des Sofortprogramms für höheres Wachstum und mehr Beschäftigung vor. Nur damit sollten wir uns auch beschäftigen. Es ist ja schön, dass es später noch einen investiven Teil geben wird; aber darüber diskutieren wir schließlich in einer anderen Debatte. Wenn man sich den steuerpolitischen Teil anschaut, stellt man fest, dass die eingesetzten Instrumente wieder ausgesprochen fragwürdig sind. Aus unserer Sicht werden sie lediglich Mitnahmeeffekte bewirken. Insbesondere auf diesen Teil entfallen 60 bis 75 Prozent des Gesamtvolumens haben wir wieder eine Erleichterung von Abschreibungen, die letztlich dazu führen wird, dass die Kosten der Unternehmen für Investitionen gesenkt werden und die Gewinnmargen der Unternehmen steigen. Das Problem der deutschen Wirtschaft ist aus unserer Sicht aber gerade nicht, dass die Gewinnmargen zu klein wären und deswegen nicht investiert würde; das Problem ist und bleibt, dass die erwarteten Absatzchancen auf dem Binnenmarkt zu gering sind und deswegen die Investitionen ausbleiben. (Beifall bei der LINKEN) Wenn Sie sich also loben, dass die Investitionen wieder angesprungen seien, muss man sagen: Sie sind trotz Ihrer Politik, nicht wegen Ihrer Politik angesprungen. (Beifall bei der LINKEN) Den gesamten Haushalt 2006 zugrunde gelegt, auch die Kürzungen bei den Arbeitslosen, im öffentlichen Dienst und in anderen Bereichen, wird es kein expansiver Haushalt, sondern ein restriktiver Haushalt. Das bestätigt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Das heißt, es wird keinen Konjunkturimpuls geben, sondern wir erwarten eher weitere Einschränkungen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch die „Financial Times Deutschland“; sie hat ebenfalls festgestellt, dass Ihre Maßnahmen unter dem Strich nicht zu einer Expansion, sondern zu einer Schrumpfung führen werden. Zusammenfassend aus meiner Sicht: Was Sie hier heute vorgelegt haben, folgt erneut der Philosophie: Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen. Das aber ist ein Märchen aus der Sammlung „Tausendundein Arbeitsloser“; daran glauben wir schon lange nicht mehr. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN)