Ein Drittel des Sparpakets von Schwarz-Gelb entfällt auf den Haushalt von Bundesministerin von der Leyen. Anstatt die Verursacher der Finanzkrise zahlen zu lassen, müssen die Beschäftigten und ihre Familien, Rentnerinnen und Rentner und Erwerbslose die Zeche zahlen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben eine Ministerin, die ihre Arbeit selbstverständlich gut darstellt. Dafür habe ich Verständnis. Trotzdem müssen wir schon ein bisschen genauer hinschauen, Frau von der Leyen.
(Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU): Die Arbeit ist gut!)
Wenn Sie sagen: „Es geht wieder aufwärts“, dann stellt sich natürlich die Frage, für wen. Ich zitiere aus Spiegel Online vom 4. September 2010. Dort heißt es Zitat:
Die Verluste aus der Finanzkrise sind laut einer DIW-Studie inzwischen komplett ausgeglichen. Davon profitieren besonders die Reichen: Noch nie gab es hierzulande so viele Vermögensmillionäre.
Es geht aufwärts, aber nicht für die Bevölkerung.
Frau von der Leyen, wenn ich mir Ihren Haushalt ansehe, dann stelle ich fest: Das Elterngeld wird um 500 Millionen Euro gekürzt, bei der Rentenversicherung wird um 1,8 Milliarden Euro gekürzt, und die Ausgleichszahlungen für den Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II sinken um 200 Millionen Euro. Daneben stellen wir fest, dass die Eingliederungstitel gekürzt werden, die für die Menschen gedacht sind, die Hilfe brauchen, um tatsächlich wieder Arbeit zu bekommen. Das alles passt überhaupt nicht mit dem zusammen, was Sie hier darstellen. Es geht offensichtlich nicht allen besser. Vielmehr wird bei den sozial Schwachen ganz besonders gekürzt.
Es wurde von dem Prinzip des sozialen Ausgleichs gesprochen, und die Bundeskanzlerin sagte, als es um das Kürzungspaket ging, es sei ausgewogen. Die Ausgewogenheit ist schon deshalb nicht gegeben, weil in Ihrem Haushalt, Frau von der Leyen, letztendlich 37 Prozent der gesamten Kürzungen vorgenommen werden. Ich kann Ihnen nur sagen: Es ist falsch, das mit dem Prinzip der Ausgewogenheit zu erklären.
(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Porsche für alle!)
Warum verfahren Sie eigentlich nicht nach dem Verursacherprinzip?
(Katja Kipping (DIE LINKE): Ja!)
Es wird unter anderem deshalb eine hohe Verschuldung im Haushalt ausgewiesen, weil wir eine Bankenkrise zu finanzieren haben, für die all diejenigen, die Sie jetzt belasten, nicht die geringste Verantwortung haben, und das ist falsch an Ihrem Haushalt, Frau von der Leyen.
(Beifall bei der LINKEN)
Von der Beachtung des Verursacherprinzips sind wir weit entfernt. Wir sind aber auch weit weg von einer einigermaßen vernünftigen Verteilung dessen, was in diesem Land erwirtschaftet wird. Auch dafür ist die Bundesregierung aus meiner Sicht mitverantwortlich.
Wir haben festgestellt, dass die Situation bei den Arbeitgebern, bei den Reichen wieder dieselbe ist wie vorher.
(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na ja!)
Jetzt sagen Sie: Der Aufschwung kommt an. Frau Winterstein, ich habe gerade von Ihnen gehört, es gehe aufwärts.
(Dr. Claudia Winterstein (FDP): Ja!)
Ich sage Ihnen: Es geht aufwärts, weil die Industrieunternehmen wieder die Leiharbeiter einstellen, die sie vorher entlassen haben. Es geht nicht aufwärts im Bereich der normalen Vollzeitjobs. Im Gegenteil: Wir stellen bei Betrachtung eines längeren Zeitraums fest diese steht ja durchaus zur Verfügung , dass die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten, die es 2000 noch gab, inzwischen um 2,3 Millionen gesunken ist. Die Anzahl anderer Jobs ist demgegenüber gestiegen: Die Anzahl der Menschen in Leiharbeit, der Menschen in befristeten Beschäftigungsverhältnissen und der Menschen in prekärer Beschäftigung hat zugenommen. Nicht zugenommen hat jedoch die Anzahl der Menschen mit einer vernünftigen Beschäftigung in diesem Land. Dafür sind Sie mitverantwortlich, unter anderem deshalb, weil Sie, Frau von der Leyen, eine vernünftige Regelung für den Bereich der Leiharbeit nach wie vor verhindern.
Beim Thema Leiharbeit geht es nicht nur darum, den Drehtüreffekt zu verhindern, dass Menschen zunächst entlassen und anschließend im selben Betrieb wieder eingestellt werden. Vielmehr geht es beim Thema Leiharbeit um ein ganz einfaches Prinzip das müsste doch für uns selbstverständlich sein , nämlich dass man bei gleicher Arbeit das gleiche Geld bekommt, dass Equal Pay gilt. Aber das machen Sie in Ihrem Gesetz nicht. Damit sind Sie für eine ungleiche Verteilung in diesem Land verantwortlich, Frau von der Leyen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Anton Schaaf (SPD))
Dasselbe Problem gibt es bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Inzwischen sind 40 Prozent aller neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse das trifft natürlich auch jetzt für die Zeit des Aufschwungs zu nur noch befristet. Betrachten Sie das als Aufschwung? Betrachten Sie es als Aufschwung, wenn die überwiegend jungen Leute, die nach der Krise wieder einen Job bekommen und vorher möglicherweise als Leiharbeiter beschäftigt waren, jetzt nur noch solche Beschäftigungsverhältnisse bekommen, bei denen sie von vornherein wissen, dass dieses Arbeitsverhältnis in kürzester Zeit wieder beendet ist? Ich kann Ihnen sagen: Damit geben Sie den Menschen in diesem Land keine Zukunft. Im Gegenteil: Damit tragen Sie dazu bei, dass die Menschen eine Zukunft haben, die aus Unsicherheit, schlechten Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen besteht.
Angesichts der Feststellung, dass mit diesem Aufschwung die Gewinne wieder deutlich steigen Sie freuen sich darüber natürlich ganz besonders; wir freuen uns vor allem darüber, dass die Krise vorbei ist , hätte ich erwartet, dass wir hier von Ihnen etwas hören, wie Sie dazu beitragen wollen, die ungleiche Vermögensverteilung, die ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums zu beenden. Dazu habe ich keinen einzigen Satz von Ihnen gehört, Frau von der Leyen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich könnte gerne noch den einen oder anderen Punkt aufzählen, der für Ihren Haushalt noch von Bedeutung wäre. Frau von der Leyen, wir haben viel über Mindestlöhne und Aufstocker diskutiert.
(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind auch so ein Aufstocker!)
Dazu nenne ich Ihnen folgende Berechnung: In den letzten Jahren wurden 50 Milliarden Euro an Lohnsubventionen gezahlt, weil Sie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns verhindern. Wären wir in der Lage, die Menschen in diesem Lande tatsächlich auf einem vernünftigen Lohnniveau zu bezahlen, dann hätten Sie in Ihrem Haushalt das, was Sie machen, nämlich diese Kürzungsorgien, überhaupt nicht nötig.
Verweigern Sie sich deshalb an der Stelle nicht länger! Schaffen Sie einen gesetzlichen Mindestlohn! Regeln Sie Leiharbeit mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit! Sorgen Sie dafür, dass die Menschen eine unbefristete Beschäftigung haben und dass wir kein Prekariat erleben müssen.
Ich danke fürs Zuhören.
(Beifall bei der LINKEN)