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Staatsziel Kultur

Rede von Lukrezia Jochimsen,

Die reiche Kulturlandschaft Deutschlands - ihre Theater, Museen, Opernhäuser, Konzertsäle, Bibliotheken, ihre Festspiele, auch ihre Abertausende lokalen und regionalen Projekte und vor allem ihre bisherigen Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche - steht auf der Kippe. Es geht nicht nur um finanzielle Kürzungen, sondern auch um das Infragestellen von Kultur überhaupt angesichts einer aggressiv operierenden globalen Unterhaltungs- und Werbeindustrie, die die totale Sinnfreiheit feiert und sonst gar nichts. Luc Jochimsen in der Debatte zur Änderung des Grundgesetzes:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister! „Der Staat schützt und fördert die Kultur.“ Dieser Satz als Grundgesetzartikel ist mehr als nur eine schön klingende Formulierung. Die europäische Kulturnation Deutschland stellt mit dieser Verpflichtung für sich einen Grundsatz auf; man könnte auch sagen: einen guten Vorsatz der Republik. In einer Zeit, da Kultur sich als globales Thema und auch als globaler Konfliktstoff erweist, halten wir, die Fraktion der Linken, es für sehr wichtig, uns zum Staatsziel Kultur zu bekennen, selbstbewusst einerseits, andererseits auch aus Sorge, dass ein fundamentales Erbe unseres Landes bedroht ist. Denn machen wir uns nichts vor: Die reiche Kulturlandschaft Deutschlands - ihre Theater, Museen, Opernhäuser, Konzertsäle, Bibliotheken, ihre Festspiele, auch ihre Abertausende lokalen und regionalen Projekte und vor allem ihre bisherigen Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche - steht auf der Kippe. Dabei geht es nicht allein um die dramatischen Kürzungen der Kulturhaushalte von Kommunen und Ländern, die zu Beginn dieser Debatte erwähnt wurden. Es geht auch um das Infragestellen von Kultur überhaupt angesichts einer aggressiv operierenden globalen Unterhaltungs- und Werbeindustrie, die die totale Sinnfreiheit feiert und sonst gar nichts. Ja, es geht um die Stärkung des Gewichts der Kultur in Konkurrenz mit anderen mächtigen Interessen, wenn wir dafür eintreten, das Staatsziel Kultur in unserem Grundgesetz zu verankern. Der Hinweis, dass man sich für einen Artikel im Grundgesetz nichts kaufen kann, verfängt nicht. Natürlich sind die Verfassung und die Verfassungswirklichkeit ein weites Feld. Aber glauben Sie mir, die ich als Mädchen, junge Frau und berufstätige Mutter die Geschichte der Bundesrepublik erlebt habe, dass die schrittweisen Veränderungen zur Gleichberechtigung nur möglich waren, weil die Gleichberechtigung im Grundgesetz stand und wir uns immer darauf berufen konnten, gerade auch in den vielen Jahren der offenkundigen Diskriminierung. Staatsziel Kultur als Versprechen für ein vielfältiges, reiches, auch alle unsere Minderheiten einbeziehendes Kulturleben, dafür sind wir sehr. Deshalb unterstützen wir auch den Gesetzentwurf der FDP. Mehr noch hätten wir eine große fraktionsübergreifende Initiative in dieser Sache begrüßt. Damit schließlich auch das klar ist: Wir sprechen uns nicht für eine Inflation von weiteren Staatszielen aus. Das Staatsziel Fußball brauchen wir meiner Meinung nach nicht. Kultur ist da ein besonderes Ding. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN und der FDP - Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wo sie Recht hat, hat sie Recht!)