Zum Hauptinhalt springen

SPD und Grüne beim Emissionshandel nicht wirklich besser als Altmaier

Rede von Eva Bulling-Schröter,

ZP 4 Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion der SPDEin Jahr Bundesminister Peter Altmaier – Bilanz der Chancen, Reden und Ergebnisse

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Peter Altmaier ist ein angenehmer Zeitgenosse. Ich persönlich nehme dem Umweltminister auch ab, dass er die Energiewende tatsächlich will. Aber im politischen Geschäft ist das letztlich unerheblich; denn die Bundesregierung als Ganzes will diese Wende offensichtlich nicht bzw. nur gebremst oder verzögert. (Florian Pronold (SPD): Die Bundeskanzlerin hat sie ja gestoppt!)

Da nutzt weder Nettigkeit noch ein tatkräftig federnder Gang - es zählt, was am Ende herauskommt. In Sachen Klimaschutz bescheinigt gerade das Umweltbundesamt der Bundesregierung, dass mehr herauskommt, nämlich mehr CO2 aus deutschen Kohlekraftwerken und Industriebetrieben, und zwar deshalb, weil der EU-Emissionshandel versagt hat. Auf dem Markt befinden sich rund 1,7 Milliarden CO2-Emissionszertifikate zu viel, vor allem aufgrund von Überzuteilungen an die Wirtschaft und einer Schwemme fauler Zertifikate aus Auslandsprojekten. Die deutsche Regierung enthält sich in Brüssel, wenn es darum geht, diese Überschüsse auch nur zeitweise stillzulegen. Und diese Entscheidung ist gegen den Klimaschutz und pro Erderwärmung, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der LINKEN)

Ich kann jetzt nicht beurteilen, wie hart Peter Altmaier und Philipp Rösler in Sachen Emissionshandel verhandelt haben; ich weiß es nicht. Am Ende hat jedenfalls die Industrie- und Kohlelobby gesiegt, also der FDP-Wirtschaftsminister. Eine Reform des Emissionshandels wird in Brüssel aber nicht nur von den Liberalen, sondern auch von den deutschen Abgeordneten der Union mehrheitlich blockiert. Herr Altmaier, ich kann Ihnen nur sagen: Sie haben offensichtlich Ihren eigenen Laden nicht im Griff.

Wir Linke streiten nach dem Scheitern des Emissionshandels für ein Kohleausstiegsgesetz; denn ein radikales Umsteuern im Kraftwerksbereich ist dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Horst Meierhofer (FDP): Sehen das die Brandenburger Linken auch so?)

Grüne und SPD schlagen hingegen so etwas wie Preisuntergrenzen für CO2-Zertifikate vor. Sehr mutige Politik, muss ich sagen. Viel Spaß beim Rumdoktern!

Der Vollständigkeit halber sollte man ohnehin anfügen, dass die Ursachen für die gegenwärtige Zertifikatsschwemme nicht bei Schwarz-Gelb liegen, sondern bei Rot-Grün bzw. Schwarz-Rot. Leute wie Schröder, Clement, Trittin oder Gabriel

(Ulrich Kelber (SPD): Oder Roland Claus, der die Sonderregelung für die Braunkohle gefordert hat!)

haben die Spielregeln für den Emissionshandel genauso mit aufgestellt

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum macht die Linke in Brandenburg neuen Tagebau?)

bzw. in Brüssel maßgeblich beeinflusst wie Bundeskanzlerin Merkel. Kostenlose Zuteilung statt Versteigerung, großzügige Anrechnung windiger Auslandszertifikate, Überzuteilung an die Industrie, irrsinnige Extraprofite für Energieversorger ‑ das alles geht auf Ihr Konto und fällt auf Sie zurück, liebe Kolleginnen und Kollegen. Jetzt haben wir den Salat.

Mir wird auch ganz mulmig, wenn ich an das Endlagersuchgesetz denke, zu dem diese ganz große Koalition gerade so einen tollen Konsens erbrütet hat. Auch hier wurde die Linke wieder einmal von den anderen vier Fraktionen ausgegrenzt. Das Ergebnis: Ein Endlagersuchverfahren, das die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu einer Alibiveranstaltung macht. (Michael Kauch (FDP): Das ist doch abwegig!)

Weder die Linke noch die engagierten Bürgerinnen und Bürger um Gorleben, Morsleben, Schacht Konrad oder die Asse wurden zu den Gipfelgesprächen mit den Fraktionen des Bundestages hinzugezogen. Angesichts jahrzehntelangen Widerstands und der Sachkenntnis dieser Bewegung halte ich das für eine Ohrfeige für die Demokratie. (Beifall bei der LINKEN ‑ Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Ach Mensch, Frau Bulling!)

Obwohl die Castoren mit ihrem Atommüll noch Jahrzehnte oberirdisch abkühlen müssen, setzen die etablierten Parteien wieder auf Tempo statt auf Qualität und Transparenz. (Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Quatsch!)

Richtig wäre es aber gewesen, zunächst eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen, wie Deutschland grundsätzlich mit dem Atommüll umgehen soll, und die Fehler der Vergangenheit schonungslos aufzuarbeiten. Schließlich werden jetzt die Weichen für eine Atommüllverwahrung über mehrere Hunderttausend Jahre gestellt. Dabei sollten Profilneurosen und Wahlkampfgetöse eigentlich mal außen vor bleiben können - sind sie aber leider nicht. Ein Endlagersuchgesetz dürfte erst am Ende einer gesellschaftlichen Debatte stehen, nicht am Anfang. (Horst Meierhofer (FDP): Nur nichts tun!)

Dass Mitreden nicht gewollt ist, darauf gibt das merkwürdige Endlagersuchgesetz-Symposium Ende Mai einen Vorgeschmack. Hier soll nun die Öffentlichkeit an der Diskussion über dieses Thema beteiligt werden: bei einer zweieinhalb Tage dauernden Veranstaltung, für die zwei Wochen vor Beginn ‑ heute habe ich die Einladung gesehen ‑ weder die Tagesordnung feststeht noch klar ist, welche Referentinnen und Referenten da sein werden. Kein Wunder, dass die Anti-Atom-Initiativen überlegen, diese Alibiveranstaltung zu boykottieren - zu Recht, wie ich finde. (Beifall bei der LINKEN)