Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Bereits 2003 hat die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen - CGZP - den ersten bundesweiten Flächentarifvertrag für Leiharbeitsunternehmen abgeschlossen. Schuld daran haben SPD und Grüne: Sie haben der Zeit- und Leiharbeit Tür und Tor geöffnet. Und sie sind dafür verantwortlich, dass Pseudo Gewerkschaften,
Gefälligkeitstarifverträge abschließen dürfen. Dabei machte sie sich eine Aus-nahmeregelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zunutze: Der Grundsatz „Equal-Pay“ kann ausgehebelt werden, wenn ein für Leiharbeitnehmer gültiger Tarifvertrag vorliegt. Diese Ausnahmeregelung lässt den Gleichbehandlungsgrundsatz im (AÜG) ins Leere laufen. Die Folgen für den Arbeitsmarkt und die Beschäftigten sind fatal: Denn mit Hilfe dieses Schlupflochs vereinbarten die so genannten Christlichen Gewerkschaften Dumpinglöhne in der Leiharbeitsbranche. Die CGZP hatte solche Scheintarifverträge abgeschlossen und damit sittenwidrige Löhne von weniger als fünf Euro durchgesetzt. Selbst bei nicht religiös eingestellten Leiharbeitern bleibt bei diesen unchristlichen Löhnen nur noch die Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tod.
Ich möchte daran erinnern, dass es das Land Berlin zusammen mit der Dienstleistungsge-werkschaft ver.di war, die gegen die CGZP gerichtlich vorgegangen sind.
Am 7. Dezember letzten Jahres hat das Landesarbeitsgericht Berlin entschieden, dass die CGZP als Dachverband weiterhin nicht tariffähig ist. Damit wurde festgestellt, dass die CGZP keine Zeitarbeitstarifverträge abschließen darf und bereits abgeschlossene Tarifverträge unwirksam sind. Inhaltlich begründet wird die Entscheidung damit, dass es an der Tarifzuständigkeit zum Abschluss dieser Vereinbarungen fehle. Damit bestätigte das Landesarbeitsgericht die gleichlautende Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. April 2009. Weil das LAG Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist mit einem endgültigen Urteil des Bundesar-beitsgerichts erst am 14. Dezember zu rechnen.
Egal, wie der Fall vor dem Bundesarbeitsgericht ausgeht, er hätte weitreichende Folgen: Gewinnt die CGZP, erhält eine systematische Praxis des Lohndumpings grünes Licht. Verliert die CGZP, sind ihre Tarifverträge rückwirkend unwirksam und es greift der „Equal-Pay Grundsatz“. Somit können alle Leiharbeitnehmer, die unter CGZP-Verträgen gearbeitet haben, die Differenz der Lohnsummen gegenüber den Stammbelegschaften nachfordern. Gleichzeitig müssten für die Entleihbetriebe die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abführen.
Die Beitragsnachforderungen aus den Jahren 2004 und 2005 sind bereits unwiederbringlich verloren, weil diese einer vier-jährigen Verjährungsfrist unterliegen. Bisher sehen sich aber weder die Sozialversicherungsträger noch die Bundesregierung in der Lage, wenigsten die Sozialversicherungsbeiträge vor Gericht feststellen zu lassen. Damit verzichtet allein die Rentenversicherung auf die größte Beitragseinnahme seit Jahren. Argumentiert wird, dass sich die Sozialversicherungsträger bis das letztinstanzliche Urteil vorliegt neutral zu verhalten hätten. In das gleiche Horn stößt die Bundesregierung. Tatsächlich könnte die Deutsche Rentenversicherung Bund als zuständige Institution schon jetzt Änderungs-bescheide erlassen. Eine kleine Anfrage der unserer Fraktion „Konsequenzen aus einer vorläufigen Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft der Christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“ - BT-Drs. 17/1121 - hat zudem ergeben, dass mindestens 122 Firmen und Verbänden, die namentlich bekannt sind, Tarifverträge mit der umstrittenen CGZP abgeschlossen haben. Die könnten sich die Prüfer der Rentenversicherung ganz unkompliziert zuerst vornehmen.
Angesichts des schmalen Zeitkorridors, muss die Rentenversicherung jetzt handeln, wenn sie weitere Verluste aufgrund der Verjährungsregelung vermeiden will. Aber das glatte Gegenteil ist der Fall: Da werden hunderttausende von Beschäftigten in der Leiharbeit aufgrund von Gefälligkeitstarifverträgen mit pseudo-christlichen Gewerkschaften um ihre Ansprüche gebracht und die Bundesregierung sowie die Sozialversicherungsträger haben nichts anders zu tun, als die Hände in die Hosentaschen zustecken. Dies ist umso skandalöser weil nach Schätzungen des Münsteraner Arbeitsrechtlers Prof. Dr. Schüren allein die Deutsche Renten-versicherung Bund angesichts von jährlich rund 200.000 betroffenen Leiharbeitnehmern auf Beitragseinnahmen von mindestens 1,8 Milliarden Euro. verzichtet.
Wer glaubt er könne Jahr für Jahr auf 600 Millionen Euro verzichten, handelt grob Fahrlässig und schützt diejenigen, die absichtlich und willentlich Scheintarifverträge abschließen, die offenkundig Gesetzes widrig sind.
Gleichzeitig muss dem Leiharbeitsmissbrauch endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Der Gesetzentwurf, den Frau von der Leyen vorgelegt hat, ist aber vollkommen unzureichend. Ich hab den Eindruck, dass auch hier die Lobby der Zeitarbeitsunternehmen kräftig mitgemischt hat. Für die Masse der Leiharbeitsbeschäftigten gilt weiterhin, dass sie Arbeitnehmer zweiter Klasse bleiben: Dumpinglöhne und die Spaltung der Belegschaften wird weitergehen. Wir fordern deshalb „Equal Pay“ als grundsätzliches Prinzip für jeden Einsatz von Leihar-beitsbeschäftigten.
Im Interesse der von illegalen Dumpinglöhnen Betroffenen und im Interesse der Solidargemeinschaft dürfen die Sozialversicherungsträger solche Kostensenkungsstrategien, wie zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständische Personaldienstleister und CGZP, nicht auf sich beruhen lassen. Handeln sie deshalb jetzt!
Vielen Dank.