Medienangehörige gelten bisher durch die bloße Veröffentlichung von Informationen als Tatbeteiligte, wenn sie Informationen von jemanden weitergegeben haben, der zur Geheimhaltung verpflichtet ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Heute debattieren wir über drei Gesetzentwürfe zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht. Ausgangspunkt für diese Initiativen ist folgendes Problem: Häufig sind Medienschaffende von der Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsbehörden betroffen.
Dies passiert immer dann, wenn jemand, der im Rahmen seiner Tätigkeit zur Geheimhaltung verpflichtet ist, trotzdem Dokumente oder Informationen an eine Journalistin oder einen Journalisten weitergibt und diese dann veröffentlicht werden.
Die Rechtsprechung sagt gegenwärtig: Medienangehörige sind in einem solchen Fall Tatbeteiligte – das ist hier schon angesprochen worden –, und zwar durch die bloße Veröffentlichung der erhaltenen Informationen. Dabei wird der Begriff Medienangehörige weit gefasst. Es werden Personen subsumiert, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder berufsmäßig an der Unterrichtung oder der Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdienste mitwirken. Letztlich haben alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien erkannt, dass dies absurd ist und das hohe Gut der Pressefreiheit infrage stellt. Pressefreiheit ist nicht möglich, wenn Medienschaffende ihre Informantinnen oder Informanten preisgeben oder verraten müssen, aus welcher Quelle ihre Informationen stammen.
Das sogenannte Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat diese Auffassung und damit Pressefreiheit und Informantenschutz bestärkt. Deshalb muss künftig für Medienangehörige die Rechtswidrigkeit von sogenannten Beihilfehandlungen ausgeschlossen werden. Wer Informationen und Dokumente, die der Geheimhaltung unterliegen, entgegennimmt, auswertet oder veröffentlicht, handelt nicht rechtswidrig.
Für die Linke gilt: Recherche fällt ebenso unter Auswertung. Eine solche Klarstellung oder Ergänzung wäre besser gewesen als der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung. Das sehen auch die Grünen so; das finden wir gut, und das unterstützen wir auch. Ebenso finden wir – das ist schon erwähnt worden –, dass die Anstiftung zur Weitergabe von Dokumenten oder Informationen, die der Geheimhaltung unterliegen, straffrei sein soll; denn uns geht es nicht nur um den Schutz derjenigen, die veröffentlichen, uns geht es gleichermaßen um den Schutz von Informantinnen und Informanten. Darin sind wir uns mit den Grünen einig. Begrüßenswert ist auch, dass die Grünen in ihrem Gesetzentwurf den Informantenschutz durch die Einschränkung von Ermittlungsmaßnahmen über das Beschlagnahmeverbot hinaus erweitern. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.
Die vorgeschlagenen Änderungen sind uns gleichwohl nicht weitgehend genug; denn alle vorliegenden Gesetzentwürfe erfassen einige Probleme nicht. Für uns stellt beispielsweise die Beschränkung auf Medienangehörige, also auf eine Berufsgruppe, ein Problem dar. Sie ist nicht mehr zeitgemäß, wenn man sich anschaut, wie heutzutage Informationen verbreitet werden und wer alles im digitalen Zeitalter die Möglichkeit hat, Informationen zu veröffentlichen. Deshalb sollten alle, die sich dieser Möglichkeit bedienen, davon Gebrauch machen können, ohne Strafverfolgung fürchten zu müssen, egal ob es sich hierbei um Journalisten, Gelegenheitspublizisten, Bloggerinnen und Blogger, politische Aktivistinnen und Aktivisten handelt. Wir sagen: Wer etwas öffentlich macht, ist egal, wenn es sich dabei nicht um den Geheimnisträger oder die Geheimnisträgerin handelt. Auch die einmalige Verbreitung von Informationen mithilfe des Internets sollte von der Regelung erfasst werden. Der Sachverständige Fiedler hat in der Anhörung gefordert, dass Gelegenheitspublizisten einbezogen werden.
Sicher kann man darüber streiten, ob Leak-Plattformen und Blogs Journalismus sind oder nicht. Aber dieser Streit geht an der eigentlich wichtigen Frage vorbei: Bewerten wir die Veröffentlichung von Informationen, die der Geheimhaltung unterliegen, aber nicht vom Geheimnisträger selbst verbreitet werden, als Straftat oder nicht? Darauf kann es nach Überzeugung der Linken nur eine Antwort geben: die zugunsten der Pressefreiheit. Ich danke für die Aufmerksamkeit.