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Solidarische Landwirtschaft und lebenswerte ländliche Räume

Rede von Alexander Süßmair,

Tagesordnungspunkt I.13 - Einzelplan 10Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und VerbraucherschutzDrucksachen 17/10823, 17/10824

Alexander Süßmair (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche es jetzt einmal ein bisschen ruhiger und fachlicher.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sprechen heute abschließend über den Haushaltsentwurf zu unserem Ressort Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für 2013. Ich möchte mich vor allem mit dem Aspekt Landwirtschaft befassen.

Was erwartet diese Gesellschaft von der Landwirtschaft? Welche Anforderungen werden heute und in der Zukunft an sie gestellt? Die Landwirtschaft soll den Menschen in Deutschland, aber auch in Europa ausreichend Lebensmittel zur Verfügung stellen, und zwar zu bezahlbaren Preisen für alle. Die Lebensmittel sollen eine hohe Qualität haben. Umwelt und Ressourcen müssen geschont werden. Die Artenvielfalt, die Biodiversität, muss erhalten werden, und es muss in einer Weise produziert werden, die man auch auf lange Sicht fortsetzen kann, Stichwort »Nachhaltigkeit«.

(Beifall bei der LINKEN)

Nutztiere, die zur Herstellung von Lebensmitteln dienen, sollen artgerecht gehalten werden, und ihnen sollen unnötiges Leid und Qualen erspart werden. Die Landwirtschaft soll nachwachsende Rohstoffe für die Industrie herstellen und einen Beitrag zur Energieerzeugung und damit zum Klimaschutz leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landwirtschaft soll es ermöglichen, den Lebensunterhalt zu verdienen, damit die Menschen in den ländlichen Räumen bleiben und eine lebenswerte Zukunftsperspektive haben, und das nicht nur in Europa, sondern weltweit.

Frau Aigner, Sie betonen in Ihrer Presseerklärung von heute Mittag zum morgigen Europäischen Rat die Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft steht. In der Analyse sind wir uns durchaus in vielen Punkten einig. Aber die Schlussfolgerungen, die Sie ziehen, und die Politik, die Sie machen, passen mit der Analyse nicht zusammen.

Wird der Haushalt der Regierung den Anforderungen gerecht? Die Linke sagt: Er wird den Anforderungen leider nicht gerecht. Ich möchte einige Beispiele nennen, zu denen wir von der Linken Anträge gestellt haben.

Fangen wir mit dem Themenbereich Ernährungssicherung an. Wir von der Linken lehnen die Förderung von Agrarexporten ab. Billigexporte verhindern den Aufbau regionaler Märkte, vor allem in den Ländern des Südens auf unserem Globus.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Haushaltstitel »Maßnahmen zur Verstärkung der Außenhandelsbeziehungen im Agrar- und Ernährungsbereich« muss daher gestrichen werden. Stattdessen sollte die Bundesregierung ihrer internationalen Verantwortung nachkommen und mit 500 000 Euro den Weltagrarbericht unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Thema »Umwelt- und Ressourcenschutz«. Besonders im Bereich Ökolandbau gibt es einen Aufholbedarf, und zwar sowohl für die Forschung als auch für die bewirtschafteten Flächen. In der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung wird ein Anteil von 20 Prozent ökologischen Landbaus in Deutschland bis 2020 angestrebt. Allerdings werden lediglich 3 Prozent des Forschungsbudgets für die Forschung zum Ökolandbau ausgegeben, und die bewirtschaftete Fläche verharrt seit längerem bei etwa 5 Prozent der gesamten Nutzfläche. Die Linke will die Förderung um 8 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro erhöhen, damit endlich ernst gemacht werden kann mit dem Ziel 20 Prozent ökologisch nachhaltiger Landwirtschaft bis 2020.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum Thema »Förderung ländlicher Räume und Einkommenssicherung«. Einen kleinen, aber wirksamen Beitrag hätte das BMELV selbst liefern können, und zwar mit der Ansiedlung der Außenstelle des Bundesinstituts für Risikobewertung in Neuruppin. Hier hat die Koalition wieder einmal frühere Zusagen gebrochen. Es soll nämlich keine Außenstelle des Bundesinstituts in Neuruppin geben. Das schwächt nicht nur Neuruppin, sondern ist eine Entscheidung gegen den ländlichen Raum.

(Beifall bei der LINKEN)

Um die ländlichen Räume zu stärken, brauchen wir auch mehr Wertschöpfung vor Ort. Die Linke beantragt deshalb ein Förderprogramm zur Markteinführung und Umrüstung von Landmaschinen, die mit reinem Pflanzenöl betrieben werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Früher wurden ungefähr 10 Prozent Hafer für die Ernährung der Pferde angebaut. Heute könnte man 10 Prozent Raps für Traktoren und Mähdrescher anbauen. Die Folge wären innerbetriebliche, lokale, maximal regionale Kreisläufe. Aber die Steuerpolitik der Bundesregierung hat viele kleine Ölmühlen kaputt gemacht. Die Linke will ihnen unter die Arme greifen. Wir möchten eine Finanzierung über die Absenkung der Agardieselerstattung um einen halben Cent pro Liter. Das wäre sinnvoll.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linke sind der Meinung: Wir brauchen eine wirtschaftlich tragfähige, aber eben auch ökologisch nachhaltige und nicht zuletzt soziale Landwirtschaft für die Zukunft. Aber die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft ist in Gefahr. Die Bundesregierung will nämlich die Pläne zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU-Kommission kippen und beharrt auf der Festlegung, nicht mehr als 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens als Beitrag zum EU-Haushalt zu leisten. Gleichzeitig aber fordert Frau Aigner, dass die Landwirtschaft nicht einseitig belastet werden darf. Wenn Sie eine solche Sparpolitik durchsetzen, wird das letzten Endes zulasten der gestaltenden Agrarpolitik in Europa gehen. Damit vergibt die Bundesregierung die Möglichkeit, den Herausforderungen von Klimawandel, Erhalt der Biodiversität, Ressourcenschutz und Tierschutz in einer gestaltendenFörderpolitik zu begegnen. Damit macht die Bundesregierung letztlich eine Politik gegen die ländlichen Räume.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Leider!)

Die Linke ist für eine solidarische Landwirtschaft und für lebenswerte ländliche Räume. Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, wie die Landwirtschaft sozialer und auch nachhaltiger hätte werden können.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)