Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines… Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
Drucksache 17/1147
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dorothee Menzner, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
Drucksache 17/1144
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Bundesregierung seit Monaten mit Verlautbarungen Unruhe, Ängste und Chaos in der Branche der erneuerbaren Energien schürt und wöchentlich eine neue energiepolitische Sau durchs Dorf treibt, liegt nun ein Gesetzentwurf der Koalition dazu vor. Ich halte ihn für einen Salto rückwärts. Der Antrag, den wir vorgelegt haben, will da einiges ausbügeln. Deutschland steht vor einer Systementscheidung. Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien ist mit einer Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraft-werken und dem Neubau von Kernkraftwerken nicht vereinbar.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung spricht von einem grundlegenden Systemkonflikt zwischen einem hohen Anteil von Strom aus Grund-lastkraftwerken auf der Basis von Kohle und Uran und einem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien. Das sind klare Worte. Ich frage mich: Warum ignorieren Sie eine solche Aussage? Wenn Sie die Aussagen des Sachverständigenrates immer ignorieren, bräuchten Sie sich eigentlich keinen zu leisten.
(Beifall bei der LINKEN)
Seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist - das wurde schon dargelegt - der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung auf über 16 Prozent angestiegen.
Bei jährlichen Minderungen von gegenwärtig etwa 110 Millionen Tonnen Kohlendioxid leisten erneuerbare Energien damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Also müssen sie ausgebaut werden. Wesentliche Ursache dieser dynamischen Entwicklung ist die durch das EEG garantierte Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien. Die ebenfalls dort verankerte jährliche Absenkung der Einspeisevergütung - das ist die Degression - hat sich als Anreiz für technische Innovationen und die Optimierung in der Anlagenproduktion bewährt.
Für Investoren und auch für die produzierenden Unternehmen brauchen wir Planungssicherheit durch mittelfristig festgelegte Vergütungssätze und Degressionsschritte. Das ist von zentraler Bedeutung.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Unter dem Motto „Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören“ legt uns die Koalition einen Gesetzesentwurf auf den Tisch, der die positive Entwicklung im Bereich Solarstrom beenden soll;
(Horst Meierhofer (FDP): So ein Quatsch!)
zumindest so schätzen wir das ein besteht die große Gefahr. Eigentlich könnte es uns, den Linken, egal sein, wenn Schwarz-Gelb wieder einmal Fehler macht und sich ein ums andere Mal als verlängerter Arm der Konzerne profiliert.
(Ernst Hinsken (CDU/CSU): Um Gottes willen!)
Hören Sie doch zu! Es ist uns aber nicht egal, wenn Sie Tausende Arbeitsplätze in Gefahr bringen und zugleich energie- und klimapolitisch zur Rolle rückwärts ansetzen. Wir halten Ihren Gesetzesentwurf für kontraproduktiv. Ich sage es noch einmal: Seine Verabschiedung gefährdet viele heimische Produzenten. Bereits jetzt mussten einige Kommunen und Privatanleger ihre Solarprojekte auf Eis legen oder absagen, weil sie die Kostenfrage nicht mehr klären können.
(Ernst Hinsken (CDU/CSU): Welche?)
Von der Koalition kamen im Januar nebulöse Ankündigungen. Zuerst hieß es, dass zum 1. April gekürzt werden soll. Jetzt soll die Kürzung zum 1. Juli erfolgen. Jedes Mal stehen andere Zahlen im Raum. Jede Woche gibt es einen anderen Sachverhalt. Niemand weiß mehr, wie es eigentlich weitergehen soll. Das ist unverantwortlich gegenüber der ganzen Branche.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie kommen mit Entwürfen, die sämtlichen Solarunternehmen die Haare zu Berge stehen lassen und den Beschäftigten den Angstschweiß auf die Stirn treiben.
Sie sind in diesen Fragen ziemlich beratungsresistent. Sie agieren in Rambo-Manier und gefährden ich sage es noch einmal Tausende Arbeitsplätze, insbesondere an Solarstandorten mit vielen kleineren Unternehmen in den strukturschwachen Regionen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Lassen Sie Thüringen mal aus dem Spiel!)
Aber auch in Bayern gibt es Widerstand. Auch Herr Seehofer hat sich dazu geäußert. Mich würde interessieren, ob er die Sonderausgabe des Bauernblatts gelesen hat. Sie zerstören auch international Vertrauen in die Verlässlichkeit deutscher Umwelt- und Energiepolitik mit unabsehbaren Folgen.
Nur noch einmal als Merkposten: 300 000 Menschen arbeiten hierzulande in der Branche der erneuerbaren Energien Tendenz stark steigend. Das sind zehnmal so viele wie in der konventionellen Energieerzeugung. Allein 60 000 Beschäftigte entfallen auf die Fotovol-taikbranche, vor allem im produzierenden Gewerbe und im Handwerk. Jetzt behauptet die Regierungskoalition, die konkreten Zahlen und Vorhaben in engem Kontakt mit Solarwirtschaft und Interessenverbänden abgesprochen zu haben. Ich weiß nicht, mit wem Sie da gesprochen haben. Wir haben viele Mails und Briefe erhalten. Wir haben auch mit dem Bundesverband Erneuerbare Energie gesprochen. Da sind uns andere Zahlen vorgelegt worden; das wurde vorher schon angedeutet. Ich meine, dass wir das in der Anhörung sehr intensiv diskutieren müssen.
Wir fordern einen Austausch mit den Betroffenen aller Ebenen. Den werden wir führen.
Wir fordern in unserem Antrag, die Einspeisevergütung
(Horst Meierhofer (FDP): 10 Euro!)
im einstelligen Prozentbereich zu kürzen, keine Deckelung des jährlichen Leistungs-ausbaus vorzunehmen und vor allem keinen Axthieb auszuführen, sondern eine schrittweise Anpassung vorzusehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Sowohl die Branche als auch die Verbraucher müssen sich so auf die Anpassung einstellen können. Dazu benötigt man natürlich auch Zeit. Unser Antrag wird dieser Tatsache gerecht.
Die von der Koalition vorgesehene flexible Marktanpassung der Einspeisevergütung, nach der die Degression um weitere 3 Prozentpunkte angehoben wird, wenn zu viele Solar-anlagen gebaut werden, widerspricht unserer Meinung nach dem eigentlichen Förderzweck des EEG. Marktwachstum ist kein Maß für die Kostenentwicklung bei der Herstellung von Solarmodulen.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hinsken zulassen?
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Nein, will ich nicht. Im Übrigen verschweigt die Koalition elegant, dass zur Einmalabsenkung mit dem Jahreswechsel 2011 noch eine Sonderabsenkung um 2 Prozent dazukommt. Bereits in Ihrem eigenen Gesetzentwurf wird davon ausgegangen.
Sie versuchen, als Leistung zu verkaufen, dass die Zielmarke des Solarausbaus hochgesetzt wird. Ich frage Sie: Was ist das für eine Zielmarke, von der Sie bereits jetzt wissen, dass sie überschritten wird? Das ist keine Zielmarke, sondern eine Schranke. Wem nützt es letztendlich, wenn der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie gebremst wird? Das nützt denjenigen, die aus abgeschriebenen Kernkraft-werken Milliardenprofite machen, und den politischen Akteuren, die als Lobbyisten der Energiekonzerne auftreten und sich für Laufzeitverlängerungen starkmachen.
(Michael Kauch (FDP): Den Hartz-IV-Empfängern nützt Ihre Position nichts!)
Sie haben über Profite gesprochen, die abgeschöpft werden. Dabei haben Sie uns an Ihrer Seite. In den vergangenen Jahren haben wir dafür gekämpft, die Profite der großen Konzerne abzuschöpfen, um endlich Mittel für die Menschen zu haben, die weniger Geld verdienen. Das haben Sie aber nicht getan. Sie verfolgen Ihre Ziele jetzt in der Solarbranche, die schwach ist.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Frau Kollegin!
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Die großen Konzerne hingegen fassen Sie nicht an. Mit denen gehen Sie wie es Gregor Gysi heute Vormittag schon gesagt hat lieber zum Essen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD - Zuruf von der SPD: Aber die zahlen das auch!)