Seit der Einheit erfüllt die Deutsche Bibliothek - nicht die Frankfurter oder die Leipziger, sondern die Deutsche Bibliothek -ihren Auftrag für das ganze Land, zusammen mit der Preußischen und der Bayerischen Staatsbibliothek. Warum also jetzt diese Umbenennung? Weder die Nutzer noch die Mitarbeiter haben das gefordert. Weil die Idee in der vergangenen Legislaturperiode aufkam und nun umgesetzt werden soll, ohne überzeugende Begründung. Die Hinweise auf den internationalen Gebrauch stimmen schlicht und ergreifend nicht. Denn die Namen der großen internationalen Bibliotheken sind - entsprechend ihrer Geschichte und ihrer Tradition- ganz und gar unterschiedlich. Was also sollen die deutschnationalen Bücher? Dr. Luc Jochimsen in der Debatte um das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek.
"Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hätten heute über einen guten Gesetzentwurf endgültig beraten können: den Ausbau der Bundesanstalt "Die Deutsche Bibliothek" zu einer digitalen Bibliothek der Zukunft. Denn es ist unbestreitbar wichtig und notwendig, neben dem großen Fundus der Bücher und Tonträger seit 1913, der in Frankfurt am Main und in Leipzig gesammelt wird, nun auch digitales Kulturgut zu bewahren und nutzbar zu machen. So weit, so gut. (Jörg Tauss [SPD]: Da sind wir einig!) Aber leider wird diese notwendige Zukunftsinvestition im Haushalt des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien nicht zusätzlich finanziert, wie sich das für eine neue, vorher nicht zu leistende Aufgabe gehört, (Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist sehr destruktiv!) sondern durch Einsparungen, wie es ausdrücklich im Gesetzentwurf heißt, oder durch Umschichtungen, wie uns bei der Beratung im Ausschuss für Kultur und Medien versichert wurde. Einsparungen oder Umschichtungen - was ist da der Unterschied? Was genau wird umgeschichtet? Wo wird eingespart? Wir vertreten den Standpunkt: Wenn Kultur Investition in die Zukunft ist, dann muss ein Kulturetat auch zusätzliche Mittel für wichtige Zukunftsaufgaben haben. (Beifall bei der LINKEN) So weit, so schlecht. Aber es kommt noch schlechter. Im Zuge ausgerechnet dieser Modernisierung bekommt die Bundesanstalt "Die Deutsche Bibliothek" nun den altmodischen, pompösen Namen "Deutsche Nationalbibliothek". (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist doch sehr gut! Was ist gegen Deutschland zu sagen?) Ich halte das für eine irreführend großmäulige Bezeichnung im Jahre 2006, eine völlig sinnlose Zumutung. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christoph Waitz [FDP] - Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Sinnlos ist Ihre Rede!) Soll damit vielleicht so etwas wie eine deutschnationale Leitkulturdebatte angestoßen werden? (Beifall bei der LINKEN) In der Rede von Frau Professor Grütters wurde genau das sehr stark an den Anfang dieser Debatte gestellt. (Monika Grütters [CDU/CSU]: Wovor haben Sie Angst? Stellen Sie sich der Debatte doch mal!) Seit der Einheit erfüllt die Deutsche Bibliothek - ich sage das noch einmal: nicht die Frankfurter oder die Leipziger, sondern die Deutsche Bibliothek - (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Durch Wiederholung wird das nicht besser!) ihren Auftrag für das ganze Land, zusammen mit der Preußischen und der Bayerischen Staatsbibliothek. Warum also jetzt diese Umbenennung? Weder die Nutzer noch die Mitarbeiter haben das gefordert. (Monika Grütters [CDU/CSU]: Das muss man manchmal auch unabhängig davon machen!) Das wird jetzt gemacht, weil die Idee in der vergangenen Legislaturperiode aufkam und nun umgesetzt werden soll, ohne überzeugende Begründung. Hier ist keine einzige überzeugende Begründung gefallen. (Christoph Waitz [FDP]: Sehr richtig!) Die Hinweise auf den internationalen Gebrauch stimmen schlicht und ergreifend nicht. Denn die Namen der großen internationalen Bibliotheken sind - der Kollege von der FDP hat das ja gesagt - entsprechend ihrer Geschichte und ihrer Tradition ganz und gar unterschiedlich. Was also sollen die deutschnationalen Bücher? Dass dann im Gegensatz zum pompösen nationalen Titel im Verwaltungsrat wenig nationale parlamentarische Repräsentanz aufscheint, ist ein weiterer kritischer Punkt. Von 13 Mitgliedern werden gerade zwei Personen vom Deutschen Bundestag entsandt - eine recht schlechte Quote. (Jörg Tauss [SPD]: Wieso eine schlechte Quote? Von null auf zwei ist prozentual beachtlich!) Ja, es hätte ein gutes Gesetz werden können: Die Umstellung auf das digitale Zeitalter der Bibliothek ist zu begrüßen. Sie hätte es auch verdient, als wirkliche Zukunftsinvestition finanziert zu werden. Sie hätte bei ihrem guten, eingeführten und durchaus der nationalen Aufgabe verpflichteten Namen bleiben und in ihrem Verwaltungsrat mehr Parlamentarier vertragen können. Nun ist aus diesen letzten drei Punkten leider nichts geworden. Das ist schade und der Grund, warum die Fraktion Die Linke den Gesetzentwurf ablehnen wird. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Damit müssen wir leben!) Danke schön. (Beifall bei der LINKEN)"
Sinn und Unsinn der Deutschen Nationalbibliothek
Rede
von
Lukrezia Jochimsen,