Wir führen heute eine ungewöhnliche Debatte. Es gibt keine nennenswerte Gegenrede, denn wir sind uns quer durch alle Fraktionen einig, dass die sog. Spielzeugrichtlinie der EU nicht akzeptabel ist. Sie schützt Kinder nicht vor unsicherem oder gar gefährlichem Spielzeug.
Als ParlamentarierInnen müssen wir deshalb auf 2 Ebenen arbeiten, auf der Bundes- und auf EU-Ebene. Auf Bundesebene sind wir uns in wichtigen Teilen einig.
Deshalb unterstützen wir auch die hier vorliegenden Anträge. Darin wird die EU aufgefordert, das CE-Zeichen tatsächlich zu einem Prüfsiegel zu entwickeln, dem die VerbraucherInnen trauen können und das dem Schutzbedürfnis von Kindern gerecht wird.
Eine gemeinsame Forderung lautet, das Dt. GS-Siegel mindestens solange zu erhalten, bis das CE-Zeichen der EU den Anspruch eines vergleichbaren Prüfsiegels erfüllt.
Die EU-Kommission hat jedoch ganz andere Vorstellungen und beharrt auf dem nichtssagenden CE-Zeichen (Communauté Européenne - zu Deutsch: Europäische Gemeinschaft).
Damit erklärt ein Hersteller lediglich, dass er bei der Herstellung des Produktes die Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen geltender Gesetze eingehalten habe. Eine Prüfung des Produktes findet nicht statt.
Und so soll es nach dem Willen der EU-Kommission auch mit der überarbeiteten Spielzeugrichtlinie bleiben. Im Gegenteil, eher sollen noch Sicherheitsstandards herunter gefahren und Grenzwerte angehoben werden - Stichwort „New Approach“.
Der Kommission geht es nämlich in erster Linie um die weitere Liberalisierung der Märkte und um den Abbau von Handelshemmnissen, also um die Wirtschaft.
Die Menschen werden hinten angestellt. Denen wird mit dem CE-Zeichen eine Sicherheit vorgegaukelt, die es nicht gibt.
Im Gegensatz dazu unterliegen Produkte mit dem deutschen GS-Siegel („Geprüfte Sicherheit“) einer strengen Sicherheitskontrolle. Und das ist ein Verkaufsargument.
Das GS-Zeichen hat nur einen Fehler, es ist bisher nicht verbindlich. Spielwarenhersteller allerdings, die etwas auf sich und ihre Produkte halten, unterziehen sich freiwillig dieser Kontrolle um das GS-Siegel zu erhalten.
Andere jedoch produzieren weiter munter drauf los. Besser gesagt, sie lassen produzieren insbesondere in China, in Asien aber auch in anderen Billiglohn-Ländern.
Sie machen ihre Gewinne mit umweltschädlichen Produktionsmethoden und sie beuten Menschen aus. Die Beschäftigten arbeiten zum Teil
• in 12 Stunden-Schichten an 6 oder gar 7 Tagen die Woche,
• ohne Arbeitsschutz und ohne Gesundheitsvorsorge und
• unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen,
• zu einem Lohn der diesen Namen nicht verdient und
• von dem auch die Menschen in diesen Ländern kaum existieren können.
Es kommt nicht von ungefähr, dass allein im Jahre 2007 das Schnellwarnsystem der EU für den Verbraucherschutz, kurz RAPEX, mehr als 400 mal vor gefährlichen Spielzeugen warnen musste.
Wir sind uns wahrscheinlich alle einig, dass die Arbeitsbedingungen, die Qualität der Arbeitsplätze und die Qualifikation der Beschäftigten selbstverständlich auch die Qualität eines Produktes bedingen.
Das bedeutet für mich, dass die Verantwortung der Deutschen Spielwarenhersteller wie auch der Internationalen Konzerne hier an den Produktionsstätten beginnt. Die Importeure, die Markenartikler dürfen sich dieser Verantwortung nicht länger entziehen. Sie stehen in der Verantwortung, auf welche Art und Weise ihre Produkte hergestellt werden, gegenüber den Beschäftigten dieser Betriebe und gegenüber den VerbraucherInnen hier und insbesondere den Kindern.
Wir müssen die EU endlich dazu bewegen, verbindliche Umwelt- und Sozialstandards einzuführen, die auch auf die Partnerstaaten anzuwenden sind, die mit uns Geschäfte machen möchten.
Eine behördliche Marktaufsicht ist gut und wichtig, aber noch wichtiger und viel effizienter ist eine gute Vorsorge, in diesem Fall eine Produktprüfung bevor ein Spielzeug auf den Markt kommt. Und sie können sicher sein:
Langfristig werden die Kosten für diese Vorsorge schnell aufgefangen, wenn danach wesentlich geringere Kosten für eine vermeidbare Nachsorge entstehen.
Letztendlich zahlen die VerbraucherInnen den Preis für qualitativ schlechte Produkte, Rückrufaktionen und verschwendete Ressourcen.
Aber vor allem anderen hat die Sicherheit von Kindern Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen.
Ich danke für ihre Aufmerksamkeit

Sicheres Spielzeug und faire Produktionsbedingungen gehören zusammen
Rede
von
Karin Binder,