Der Mensch existiert als belebter Teil der Natur, und die Erde ist endlich. Wird mit dieser Produktionsweise die Umwelt zerstört, so zerstören die Kapitalbesitzer damit auch die Grundlagen des Lebens für Menschen und Tiere.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Der heute zu beratende Fortschrittsbericht zur Nachhaltigkeitsstrategie kommt genau richtig, denn das Jahr 2013 ist das Jahr der Gebrüder Grimm: 200 Jahre Märchen.
(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)
Die Lektüre dieses Berichts ist zwar nicht so spannend wie die Märchen der Gebrüder Grimm; aber kaum weniger märchenhaft ist doch die Zauberformel von der Nachhaltigkeit. Wir leben in einer heilen Welt, möchte man bei der Lektüre meinen.
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Was soll denn der Blödsinn?)
Es geht um blumige Begriffe wie Generationengerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt und internationale Verantwortung. Alles zusammengenommen sei das Ganze dann Nachhaltigkeit, ein Verkaufsschlager für große Firmen auf internationalen Finanzmärkten. So, wie Rotkäppchen durch den Wald ging, um auf den bösen Wolf zu treffen, lassen Sie mich am Beispiel des Waldes den Begriff erklären, der der SPD doch nicht so klar war:
Nachhaltigkeit ist seit dem 18. Jh. als eine Regel der Forstwirtschaft aufgekommen und bedeutet hier, dass auf einer bestimmten Forstfläche dem Wald in einem bestimmten Zeitraum nicht mehr Holz entnommen werden darf, als gleichzeitig nachwächst. Seit dem Bericht der Brundtland-Kommission der UN von 1987 wird der Begriff Nachhaltigkeit zur Kennzeichnung einer gesellschaftlichen Entwicklung gebraucht, – das ist auch die Grundlage dieses Berichtes – in der – weltweit – den Bedürfnissen der gegenwärtigen Generationen Rechnung getragen wird, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihren eigenen Bedürfnissen zu entsprechen. Das können Sie bei Professor Karl Hermann Tjaden,
Ökonomieprofessor in Kassel, nachlesen. Die Bundesregierung feiert den Höchststand der Beschäftigung mit 41,5 Millionen Menschen – das haben wir gerade gehört – als nachhaltige Teilhabe. Aber die prekär Beschäftigten sind trotz Arbeit arm. Das ist nicht die Nachhaltigkeit, die wir meinen.
(Beifall bei der LINKEN)
Oder nehmen wir den Maßstab der internationalen Verantwortung in dem Bericht. Dafür, dass die Unternehmen in Deutschland mit Dumpinglöhnen und Exportüberschuss die Wirtschaft schwächerer Länder in den Ruin treiben, brauchen wir nicht nach Afrika zu schauen. Dafür reicht ein kurzer Blick nach Griechenland und Spanien.
Wer hat die Agenda 2010 erfunden? SPD und Grüne.
Wer setzt sie nachhaltig fort? CDU/CSU und FDP.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Frau Kollegin, zu welchem Thema sprechen Sie? Ist Ihnen bekannt, dass Ihre Fraktion der Stellungnahme zugestimmt hat?)
Nachhaltigkeit ist in diesem Wirtschaftssystem mit immer mehr Profit und mit immer mehr Waren in kurzer Zeit nicht möglich.
(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Vielleicht lassen Sie sich mal von Herrn Lenkert weiterhelfen!)
Die Zwecke der Produktion sind vom Gewinnstreben einer kleinen uneinsichtigen Minderheit, den Kapitaleignern, gesetzt.
(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Es ist wirklich schade um die schöne Debatte!)
Die großen Unternehmen diktieren mit den Finanzhaien, was, wie viel und für wen hergestellt wird. Oberstes Ziel – das ist nicht zu vergessen – ist mehr Gewinn. Das Wissen der Umweltinitiativen und aktiven Bürger geht nur über Proteste in die Köpfe, aber die Anerkennung in der Gesellschaft hat nicht zu einer vernünftigen Umsetzung geführt. Der Mensch existiert als belebter Teil der Natur, und die Erde ist endlich. Wird mit dieser Produktionsweise die Umwelt zerstört, so zerstören die Kapitalbesitzer damit auch die Grundlagen des Lebens für Menschen und Tiere.
(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Wirklich schade um die Debatte! Bisher war das Niveau relativ hoch!)
Eine Form der nachhaltigen Entwicklung, nämlich Frieden, ist in diesem Bericht von 250 Seiten in wenigen Sätzen zusammengefasst: Die Bundesregierung erkennt an, dass Entwicklung nur in Frieden möglich ist. Sie garantiert globale Sicherheit. – In wessen Interesse sichert eigentlich die Bundeswehr globale Sicherheit in Afghanistan?
(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Bitte mal zum Thema!)
Im Krieg werden Menschen getötet, unwiderruflich, Häuser und Denkmäler zerstört, Wasserleitungen beschädigt. Gasleitungen explodieren, Epidemien brechen aus, und die Kinder- und Müttersterblichkeit wächst. Das ist das schlimmste Ergebnis dieser Wirtschaftsweise, die sowohl an Rüstung als auch am Kriegseinsatz verdient.
Atomkraftwerke wurden zur Herstellung von Atomwaffen entwickelt. Es liegt im öffentlichen Interesse, die Stilllegung der Atomkraftwerke zu betreiben, ihren Rückbau einzuleiten und jetzt die jahrtausendelange rückholbare Lagerung unter der Kontrolle der Bevölkerung zu beginnen. Dieses Beispiel soll zeigen, wie viel Altlasten Sie zukünftigen Generationen aufbürden. Das ist nicht nachhaltig.
Wenn es die Bundesregierung ernst meint, kann sie es beweisen: Geben Sie Gorleben als Endlagerstandort in Niedersachsen auf! Bezahlen sollen die Lagerung von Atommüll die Profiteure der Atomenergie und nicht die Allgemeinheit.
(Beifall bei der LINKEN – Ingrid Arndt- Brauer [SPD]: Waren Sie irgendwann mal dabei beim Beirat?)