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Sabine Zimmermann: Rentengerechtigkeit endlich herstellen

Rede von Sabine Zimmermann,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Wahlperiode neigt sich dem Ende zu, und wir müssen schon sagen, dass es im Hause Nahles eine große Betriebsamkeit gegeben hat.

(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Die hat es immer gegeben! Von Anfang an!)

– Die hat es gegeben, aber mit welchem Ergebnis bitte schön:

(Zuruf von der SPD: Mit guten Ergebnissen! – Katja Mast [SPD]: 40 Gesetze!)

mit einem Mindestlohn, mit dem die Altersarmut garantiert ist,

(Dagmar Ziegler [SPD]: Den Sie nicht haben wollten! Unglaublich! – Katja Mast [SPD]: Sie waren nicht für den Mindestlohn!)

einer Regulierung der Leiharbeit, die für die meisten Leiharbeitskräfte keine wirksame Verbesserung bringt,

(Dagmar Ziegler [SPD]: Sie wollen lieber gar nichts! – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Nicht regierungsfähig!)

oder aber einem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie, das den Rückgang allgemeinverbindlicher Tarifverträge nicht aufhält.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Was haben Sie denn geleistet? Sie waren gegen den Mindestlohn! – Katja Mast [SPD]: Wer hat denn dem Mindestlohn nicht zugestimmt? – Gegenruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das tut euch weh, was?)

Sie sollten einmal schauen, was Sie hier in den letzten Jahren gemacht haben. Das bringt den Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten und mit Niedriglohn leben müssen, nämlich überhaupt keine Verbesserung. Hier hat diese Bundesregierung auf der ganzen Linie total versagt.

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso machen Sie es bei den beiden hier vorliegenden Gesetzentwürfen. Natürlich ist die Angleichung des Rentenwertes über ein Vierteljahrhundert nach der Wende längst überfällig. Sie haben es doch schon so viele Jahre versprochen, und unter den Vorgängerregierungen ist von Ihnen nichts getan worden. Jetzt sollen die Kolleginnen und Kollegen wieder acht Jahre länger warten. Das ist ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für uns ist die ersatzlose Streichung der Hochwertung bzw. Umrechnung der Ostlöhne völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Osten verdienen Vollzeitbeschäftigte immer noch 24 Prozent weniger als im Westen dieses Landes.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Fast ein Viertel! – Gegenruf der Abg. Dagmar Ziegler [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

In Brandenburg, dem ostdeutschen Bundesland mit den höchsten Durchschnittslöhnen, wird im Monat immer noch durchschnittlich 500 Euro weniger verdient als in Schleswig-Holstein, wo von den Westländern am wenigsten verdient wird.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)

Das ist ungerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Umrechnungsfaktor für die Ostlöhne hat somit eine wichtige sozialpolitische Ausgleichsfunktion. Die kann man nicht einfach ersatzlos streichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist auch keine Bevorteilung der ostdeutschen Beschäftigten,

(Dagmar Ziegler [SPD]: Doch! – Gegenruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)

sondern ein Ausgleich dafür,

(Dagmar Ziegler [SPD]: Dass sie unter Ihnen gelitten haben, müssen Sie jetzt sagen!)

dass sie am Arbeitsmarkt immer noch benachteiligt werden. Das ist ungerecht, und das muss sich ändern, liebe Kollegen von der SPD.

(Beifall bei der LINKEN – Dagmar Ziegler [SPD]: Dass Sie früher in der DDR regiert haben, ist ungerecht!)

Jetzt hoffen Sie, dass die Angleichung der Löhne im Osten bis 2025 von selber kommt. Ja, glauben Sie das wirklich? Nein, Sie lassen die Menschen im Osten ein weiteres Mal im Stich und im Regen stehen. Das werden wir Linke nie hinnehmen.

(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Dass ausgerechnet Sie das sagen! Sie haben da doch 40 Jahre lang Misswirtschaft betrieben! – Dagmar Ziegler [SPD]: Dass Sie es wagen, so etwas zu sagen! Die kriegen jetzt wenigstens Westrente und keine DDR-Mark mehr! Das ist der Unterschied!)

Genauso lassen Sie die Millionen Geringverdiener im Westen im Stich; da gibt es nämlich auch sehr viele. Die lassen Sie genauso im Regen stehen. Das kann so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie die auch höherwerten?)

Eines will ich hier klarstellen, meine Damen und Herren: Für die Linke ist die Rentenüberleitung keineswegs abgeschlossen, wie Sie es im Titel des Gesetzentwurfes – er lautet „Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz“ – so schön formuliert haben. Wir bestehen darauf, dass die Überführungslücken bezüglich des DDR-Rentenrechts endlich geschlossen werden,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

zum Beispiel bei den Krankenschwestern, bei den Berg­leuten, bei den mithelfenden Familienangehörigen und auch bei den in der DDR geschiedenen Ehefrauen.

(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der NVA auch! Das müssen Sie dazusagen!)

Ich muss Ihnen sagen – wir reden heute ja auch über die Erwerbsminderungsrente –: Die Rente bei voller Erwerbsminderung lag 2015 bei 711 Euro und damit deutlich unter der Grundsicherung in Höhe von 756 Euro. Jede/jeder siebte erwerbsgeminderte Rentnerin/Rentner erhält zusätzlich Leistungen der Grundsicherung. Es ist ein echter Skandal, dass man in diesem Land in ärmliche Verhältnisse abrutscht, wenn man schwer erkrankt. In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? Menschen, die sich viele Jahre abgerackert haben, werden mit Minirenten abgespeist. Das ist Ihre unsoziale Politik der letzten Jahre.

(Beifall bei der LINKEN – Dagmar Ziegler [SPD]: Das war in der DDR leider nicht anders!)

Ihr Gesetz ändert daran überhaupt nichts. Bei Neuanträgen ab 2018 bekommen die Leute 4,58 Euro mehr – 4,58 Euro netto, das ist eine Demütigung –, und das, wenn überhaupt noch jeder zweite Antrag genehmigt wird; denn die meisten Anträge werden abgelehnt. Das kann so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb fordern wir: Die Abschläge müssen weg, auch für diejenigen, die schon jetzt in Erwerbsminderungsrente sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen auch Erleichterungen beim Zugang zur Erwerbsminderungsrente. Menschen, die sich kaputtgearbeitet haben, müssen abgesichert werden. Das ist für uns eine Frage des Anstands und der Würde. Genauso sollte es selbstverständlich sein, dass den Rotkreuzschwestern nicht länger elementare Arbeitnehmerrechte vorenthalten werden. Mit Ihrem Änderungsantrag verstoßen Sie eindeutig gegen EU-Recht. Das ist vollkommen inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss: Für uns Linke ist soziale Gerechtigkeit nicht nur etwas für Sonntagsreden.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: „Nicht nur“? Wo handeln Sie denn? Sie quatschen doch bloß! – Gegenruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zum Beispiel in Brandenburg, Thüringen und Berlin!)

Sie muss sich auch ganz konkret in den Gesetzen widerspiegeln. Da ist bei Ihnen noch sehr viel Luft nach oben.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Und bei euch ist die Luft raus!)

Deswegen sage ich natürlich auch an dieser Stelle: Soziale Gerechtigkeit kann es nur mit einer starken Linken geben.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)