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Sabine Zimmermann: Gerechte Krankenkassenbeiträge für Selbständige und freiwillig Versicherte

Rede von Sabine Zimmermann,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der konservative Teil der Koalition rühmt sich ja gerne, etwas für die Selbstständigen zu tun. Tatsächlich haben aber viele der Selbstständigen das Gefühl, von der Bundesregierung gerade hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung im Stich gelassen zu werden. Über viele Jahre höre ich jetzt schon die Klagen, aber verbessert hat sich an der Situation nichts. Im Hinblick auf Ihre angebliche Vertretung der Interessen von Selbstständigen ist das schon einigermaßen dürftig. Für die Linke ist das völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Problem, das bei vielen Selbstständigen für schlaflose Nächte sorgt, sind die hohen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung; hier werden sie benachteiligt. Meine Damen und Herren der Koalition, nehmen Sie bitte einmal zur Kenntnis, dass hier etwas getan werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung geht offensichtlich davon aus, dass Selbstständige und Kleinunternehmer zu den Gutverdienern gehören. Das ist aber mitnichten der Fall. Dies zeigt auch die hohe Zahl der Selbstständigen, die ergänzend Hartz-IV-Leistungen bekommen. Im Jahre 2015 waren es 117 000.

Besonders prekär ist die Situation oft für Solo-Selbstständige. In vielen Fällen verlagern Unternehmen Aufgaben und das gesamte Risiko auf alleinarbeitende Selbstständige. Der Weg in die Selbstständigkeit ist für viele ein Weg in die prekäre Tätigkeit, von der man seine Familie einfach nicht ernähren kann. Solo-Selbstständige verfügen nun einmal über ein unterdurchschnittliches Einkommen. Ich glaube, da sind wir uns auch in diesem Hause einig. Insbesondere bei Solo-Selbstständigen ist die Selbstständigkeit auch Ausdruck zu weniger sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze oder auch einer Outsourcing-Mentalität der Unternehmen.

Oft war die Entscheidung zur Selbstständigkeit keine freiwillige. Durch die Einführung der Förderung als sogenannte Ich-AG im Zuge der Hartz-Gesetze wurden die Solo-Selbstständigen als Allzweckwaffe gegen Erwerbslosigkeit auserkoren; dies endete aber für viele in einer Sackgasse. Zudem führte es zu Wettbewerbsverzerrungen und sorgte für einen ruinösen Wettbewerb. Doch das war der Bundesregierung damals egal und ist es ihr auch heute noch. Viele Selbstständige fühlen sich mit ihren Problemen alleingelassen und zu wenig gefördert. Insbesondere für Kleinselbstständige müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dies betrifft vor allem auch die Verbesserung der Einkommenssituation.

Mit unserem Antrag wollen wir einen wichtigen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit leisten. Derzeit wird bei Selbstständigen ein Krankenkassenbeitrag erhoben, der ein Einkommen von über 4 000 Euro annimmt. Erst bei Nachweis niedrigerer Einnahmen wird die Beitragsbemessung auf 2 178 Euro gesenkt, sodass rund 400 Euro Beitrag zu leisten sind. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann der Beitrag darunterliegen.

Ein Beispiel: Wenn Sie als Selbstständiger ein Einkommen von 800 Euro haben, zahlen Sie die Hälfte als Beitrag für die Krankenversicherung, also einen Beitragssatz von 50 Prozent. Ich finde, das ist nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nicht, wie Sie es finden würden, wenn Sie die Hälfte Ihrer Diäten als Beitrag zur Krankenkasse zahlen müssten. Wir möchten einen realistischen und fairen Beitrag zur Krankenversicherung für Selbstständige, der bezahlbar und leistbar ist. Auch Sie werden sicherlich mit vielen Selbstständigen reden. Daher wissen Sie, dass das schon lange ein Problem in dieser Gesellschaft darstellt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern, dass sich der Mindestbeitrag an der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro orientiert. Das wäre ein Beitrag von rund 70 Euro zur Krankenversicherung und 12 Euro zur Pflegeversicherung. Oberhalb davon soll wie bei den Angestellten entsprechend dem Einkommen gezahlt werden. Das ist aus unserer Sicht eine Frage der Gerechtigkeit.

Eine weitere Gerechtigkeitslücke muss geschlossen werden. Für freiwillig Versicherte mit geringem Einkommen, etwa freiwillig versicherte Rentnerinnen und Rentner, Studierende mit über 14 Semestern oder über 29 Jahre alt und auch Promovierende, ist der Mindestbeitrag von derzeit rund 177 Euro einfach zu hoch und entbehrt jeder Grundlage. Auch hier wollen wir den Mindestbeitrag auf rund 70 Euro senken.

Die beiden vorliegenden Anträge sind ein weiterer Baustein für mehr soziale Gerechtigkeit in diesem Land. Vielleicht entdecken Sie, meine Damen und Herren von der Union, Ihr Herz für die Selbstständigen wieder – nicht nur für die, die überdurchschnittlich verdienen, sondern auch für die, die unterdurchschnittlich verdienen –, und vielleicht entdecken Sie, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, die soziale Gerechtigkeit wieder. Ich fürchte aber, dass Sie alle davon nichts wissen wollen und Ihre Politik weiter so fortsetzen. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Sozial geht anders, und das geht nur mit der Linken.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])