Zum Hauptinhalt springen

Sabine Leidig: Wir wollen öffentliche Mobilität und Sozialstandards für alle garantieren.

Rede von Sabine Leidig,

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass neue Mobilitätsdienstleistungen eingeführt werden, klingt immer gut, und dass es dafür einen gesetzlichen Rahmen braucht, ist klar. Schon in der letzten Legislatur stand das auf dem Zettel der Regierung. Aber weil die Verkehrsminister der Union vor allem den Autoverkehr vor Augen haben, hat es für den ÖPNV nicht gereicht. Aber genau da, beim öffentlichen Nahverkehr, brauchen wir dringend mehr Aufmerksamkeit, bessere Angebote, mehr Geld und Unterstützung vom Bund.

(Beifall bei der LINKEN)

Was die Koalition mit ihrem neuen Personenbeförderungsgesetz regelt, geht nicht in diese Richtung; denn Sie setzen auf Markt vor Daseinsvorsorge. Das heißt: Wenn mit einem Rufbus on Demand oder einer Vermittlungsplattform oder einem Sammeltaxi-Ridepooling Gewinn gemacht werden kann, dann läuft es. Genau deshalb gibt es car2go von BMW oder MOIA von VW und die ganze Uber-Offensive dort, wo der Bedarf eigentlich am geringsten ist: in den Städten. Deshalb wird von der Seite auf Deregulierung gedrängt, weil die eine Scheibe abhaben wollen.

Das Problem: Genau da kann auch der öffentliche Nahverkehr mit Gewinn fahren. Aber in den dünnbesiedelten, ländlichen Regionen, wo großer Bedarf besteht, lassen sich die Privaten ja nicht blicken. Solche Rosinenpickereimodelle schließen Sie mit dem Gesetz nicht aus. Zu Recht haben der VDV und alle drei kommunalen Spitzenverbände deshalb Ihren Gesetzentwurf als unzureichend kritisiert, und wir tun das auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens – das in Richtung FDP –: MOIA hat seine Fahrzeuge in Hamburg und in Hannover stillgelegt, während die öffentlichen Busse und Bahnen weiterfahren in der Pandemie, damit zum Beispiel Pflegekräfte und Verkäuferinnen zur Arbeit kommen. Und genau darum geht es.

Die linke Idee ist eine Mobilitätsgarantie für alle mit zuverlässigen und regelmäßigen ÖPNV-Verbindungen. Selbstverständlich sollen Kommunen und Aufgabenträger der öffentlichen Hand die schlauesten und bequemsten neuen Möglichkeiten einsetzen: mit Onlineplattformen und flexiblen Fahrzeugen. Wir haben dazu einen entsprechenden Antrag vorgelegt.

Aber was nicht geht, ist, dass die einen mehr Bequemlichkeit bekommen und die anderen miese Arbeitsbedingungen haben. Da bin ich beim wichtigsten Punkt, den Sie leider versemmelt haben. Der Wettbewerb hat in den vergangenen Jahrzehnten vor allem auf dem Rücken der Beschäftigten stattgefunden. Es ist längst überfällig, dass gesetzliche Sozialstandards festgelegt werden

(Beifall bei der LINKEN)

und dass beim Betreiberwechsel für die Arbeitnehmer/-innen im ÖPNV Sicherheit geschaffen wird.

Jetzt wird mit Uber und Co noch eine Tür aufgemacht für prekäre Arbeitsverhältnisse. Es werden Jahre vergehen, bis gewerkschaftliche Organisierung gelingt und Verbesserungen erkämpft werden können.

(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Überhaupt nicht!)

Anstatt wenigstens soziale Mindestanforderungen gesetzlich festzulegen, soll jetzt ein Rechtsgutachten eingeholt werden.

(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Ja!)

Das ist ein soziales und zugleich ein ökologisches Armutszeugnis. Schon deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der LINKEN)