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Ringen um Ringen

Rede von Katrin Kunert,

243. Sitzung des Deutschen Bundestages am Donnerstag, dem 6. Juni 2013

TOP 19: Beratung der Beschlussempfehlung (Drs. 17/13372) und des Berichts des Sportausschusses zu dem Antrag Ringen vor dem Ausschluss aus dem olympischen Programm bewahren (17/13091) und zu dem Antrag Ringen vor dem Ausschluss aus dem olympischen Programm bewahren (17/13092)

Katrin Kunert, Fraktion DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Kampf für den Verbleib des Ringens im Olympischen Programm geht in die letzte Runde. Im September wird in Buenos Aires entschieden, welche der Sportarten, die das „Finale der letzten drei“ erreicht haben, auch nach 2016 olympisch bleibt. Ein Hoffnungsschimmer für die Tradition und gegen den trendigen Markt!

Dass es zu diesem Zittern kommen musste, bleibt allerdings nach wie vor unverständlich. Welche bösen Geister haben die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geritten, als sie im Frühjahr eine Sportart aus dem Programm kegeln wollten, die schon in der olympischen Hymne besungen wird? Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Erwarteten die Funktionäre von modernen Trendsportarten, die insbesondere in Asien große Beliebtheit genießen, Gewinne am ständig wachsenden Markt in Fernost?

Die Intransparenz, die über den meisten Entscheidungen des großen internationalen Sports schwebt, ist auch diesmal nur schwer zu erhellen. Das IOC weigert sich nach wie vor, den Kriterienkatalog öffentlich zu machen, der anfangs noch das Aus für das Ringen festschreiben sollte. Geheimbünden ähnlich treffen IOC, aber auch die FIFA, Entscheidungen hinter verschlossenen Türen, die eigentlich von großem öffentlichen Interesse sind. Das schadet dem Ansehen des Sports.

Die Chancen der Ringer im olympischen Programm zu verbleiben, sind gestiegen, seit sich eine ungewöhnliche Allianz zwischen Staaten gebildet hat, die ansonsten eher im diplomatischen Clinch liegen: USA, Russland und Iran kämpfen gemeinsam für ein Ziel.

Ob aber dieser Kampf mit lauteren Mitteln geführt wird, bleibt erneut im Dunkeln. Der Einfluss des russischen Präsidenten auf den internationalen Sport scheint nach Medienberichten ein Ausmaß angenommen zu haben, das den Anforderungen an ein demokratisches Miteinander mitnichten gerecht wird.

Aber es passt zu den verkrusteten Strukturen der oligarchischen Systeme von IOC und FIFA. Neben kommerziellen Interessen geht es um Machtbedürfnisse, um Posten und anscheinend auch oft um persönliche Bereicherung. Der Korruptionssumpf, den der amtierende Präsident des IOC trocken legen wollte, ist immer noch tief.

Es muss aber ein dringendes Bestreben auch des deutschen Sports sein, endlich mehr Transparenz in die Entscheidungen zu bringen. Das gilt nicht nur für die Vergabe von Sportgroßveranstaltungen, das gilt auch für Strukturentscheidungen und Personalfragen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu wissen, wie Gelder fließen, welche Kriterien die Zukunft der Sportwelt bestimmen. Denn ohne Publikum ist der Sport als Ganzes tot.

Der Überlebenskampf der Ringer macht jetzt offensichtlich, dass der Sport krankt. Nur eine grundlegende Kur, die mit tief verwurzelten Ursachen gründlich aufräumt, kann helfen. Ein bloßes Herumdoktern an den Symptomen greift zu kurz. Aber der Sport will autonom sein und muss sich also selber helfen. Der Politik sind eigentlich die Hände gebunden.

Deshalb ist der Antrag aller Fraktionen zum Verbleib des Ringens im Olympischen Programm auch nicht mehr als ein wohlgemeinter Appell. Der Sport als Beitrag zur Völkerverständigung liegt auch im politischen Interesse.

Deshalb möchte ich abschließend noch einmal meine Verwunderung darüber kundtun, dass sich die Union bei einem unstrittig gemeinsamen Anliegen erneut geweigert hat, einen wirklich fraktionsübergreifenden Antrag zu verabschieden. Die Ausgrenzung der Linksfraktion an dieser Stelle ist – offen gesagt – ziemlich lächerlich.