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Rekommunalisierung des Energiesektors fördert Klimaschutz und demokratische Mitbestimmung

Rede von Dorothée Menzner,

Rede zu Konzessionsverträgen im Energiewirtschaftsgesetz- zu Protokoll -

Frau Präsidentin,
verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Koalition will – ich zitiere aus ihrem zweifelhaften Energiekonzept – „den Wettbewerb und eine marktwirtschaftliche Orientierung auf den Energiemärkten stärken.“ Dass es Ihnen dabei ausschließlich um die Stärkung des Wettbewerbs für die vier Atomkonzerne geht, ist im ganzen Land bekannt. Nicht umsonst spricht auch der Deutsche Städtetag im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung von einer „Gefährdung der Wirtschaftlichkeit der Investitionen von Städten und ihrer Unternehmen in Erneuerbare Energie“.

DIE LINKE setzt ein Gegenkonzept zu dieser Agenda für die Energiekonzerne – gegen das schwarz-gelbe Energiekonzept – mit der Forderung nach einer umfassenden Rekommunalisierung des Energiesektors. Der Energiesektor muss als Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter demokratische Kontrolle gestellt werden, und wer sollte das besser bewerkstelligen als die Kommunen selbst.


Massenhaft Konzessionsverträge zwischen großen Energieunternehmen und den Kommunen laufen demnächst aus. Genau da setzt ein Hebel an, der den Umbau zu erneuerbaren Energien wesentlich antreiben kann, denn Gemeinden können in Konzessionsverträgen festschreiben, dass Gewinne in Erneuerbare investiert werden können, sie können Vorgaben für den Stromeinkauf machen. Sie können mit dem Auslaufen der Konzessionen auf vielfältige Weise bestimmen, wie der regionale Strommix aussehen soll.

In vielen Städten wollen die örtlichen Stadtwerke die Netze selbst nutzen. Viele Stadtwerke mit mehrheitlich kommunaler Beteiligung haben den Wunsch, die Bürgerinnen und Bürger mit regional erzeugtem, Erneuerbaren Strom zu versorgen. Es ist die Aufgabe von Bundespolitik, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um genau solchen Stadtwerken die Übereignung der Energienetze so einfach wie möglich zu gestalten. Für einen nachhaltigen Klimaschutz, für Bürgerbeteiligung und für die Wertschöpfung in regionalen Wirtschaftskreisläufen.

Es kann deshalb nicht sein, dass sich Energiekonzerne hinstellen und bei Auslaufen der Konzessionsverträge horrende und völlig utopische Summen für die zum Teil völlig überalterten Netze verlangen. Dass das Ende von Konzessionen regelmäßig in Jahre andauernden Rechtsstreitigkeiten mündet, zeugt von der Dreistigkeit und der Profitgier der Konzerne gegenüber Kommunen.

Ein Beispiel:
Die Stadt Wolfhagen hat als erste Stadt in Nordhessen ihr Stromnetz von E.ON zurückgekauft. Sie will bis 2015 ihren gesamten Strombedarf aus Erneuerbaren Energien decken. Die Kaufsumme für die Netze von 2,4 Millionen Euro lag nach Einschätzung der Stadtwerke 180% über dem tatsächlichen Wert. Dort hat erst der Gang vor das Bundesverwaltungsgericht eine Lösung schaffen können.

Noch ein Beispiel: RWE musste auf Drängen des Oberverwaltungsgerichts 2,8 Millionen – damals D-Mark – an die Gemeinde Nürnbrecht in Nordrhein-Westfalen zurückzahlen.

Solche Beispiele gibt es noch einige, und ohne eine klare Regelung zur Festsetzung des wirklichen Wertes regionaler Energienetze steht eine Flut von gerichtlichen Auseinandersetzungen bevor, allerdings nur, wenn Kommunen durch die Dreistigkeit der Konzerne nicht abgeschreckt werden und die Gerichtskosten vorstrecken können.

Es ist ganz klar, dass hier massiver Handlungsbedarf besteht, der die Kommunen bei ihrem Streben nach Erneuerbaren Energien und Selbstbestimmung unterstützt. Deshalb begrüßt DIE LINKE den Gesetzentwurf von Bündnis90/Die Grünen, wir halten ihn aber noch nicht für weitgehend genug.

Kommunen, genossenschaftliche Bürgerinitiativen und auch andere regionale Energieanbieter oder Vereinigungen müssen jederzeit in der Lage sein, sich gegen Atomkraft, gegen Kohlekraft, gegen überzogene Leitungsgebühren, gegen dubiose Strombörsenspekulationen und für Erneuerbare Energien, für Kraft-Wärme-Kopplung, für Energieeffizienz, für Klimaschutz und für demokratische Mitbestimmung zu entscheiden. In den Kommunen selbst müssen die Bürgerinnen und Bürger durch viel niedrigere Hürden bei Bürgerbegehren und Volksentscheiden selbst entscheiden können, ob sie weiterhin Strom und Gas vom fossil-nuklearen Großanbieter beziehen wollen, oder die Sache selbst in die Hand nehmen. Und dafür müssen sie Konzessionsverträge jederzeit kündigen können und die Energienetze zu Konditionen übereignet bekommen, die der Realität entsprechen.

Und wenn die Koalition es mit der Wettbewerbsfähigkeit ernst nimmt, dann erhört sie die Hilferufe aus den Gemeinden und Städten und beendet endlich ihre unsägliche Lobbypolitik für die Energiekonzerne. Denn was entgegen des Atom- und Kohlewahnsinns der Koalition tatsächlich verbraucherfreundlich und preisdämpfend wirkt, ist die Rekommunalisierung. Wie in Ahrensburg, wo der rekommunalisierte Gasanbieter nach dem ersten Abrechnungsjahr 1,4 Millionen Euro an die Kunden zurückzahlen konnte.

Ich danke.