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Regierung streut Sand in die Augen bei Chefarztboni und Korruption

Rede von Martina Bunge,

Rede im Bundestag zum Gesetzentwurf der Bundesregierung "Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz - KFRG)"

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Für die Linksfraktion möchte ich bekunden: Wir sind froh, dass der Bundestag heute, fast auf den Tag genau am 60. Gründungstag des DDR-Krebsregisters, endlich ein Gesetz für ein flächendeckendes Krebsregister in der gesamten Bundesrepublik beschließen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin froh, dass auch die Finanzierung dafür geregelt ist und aufgrund von Einwänden sogar noch verbessert wurde.
Ich kann mich noch allzu gut an die Klimmzüge erinnern, die wir Ende der 90er-Jahre in der Gesundheitsministerkonferenz gemacht haben, um das Gemeinsame Krebsregister der ostdeutschen Länder als Fortführung des DDR-Registers zu retten. Ich denke, es ist nicht schlecht, dass wir das haben.

Nun zu dem heute vorliegenden Gesetzentwurf. Leider sind Sie nicht konsequent genug gewesen. Das Ziel, alle Tumorarten zu erfassen und die Qualität der Versorgung, aber auch die regionalen Differenzierungen zu erforschen, wird nicht hinreichend zu verwirklichen sein. Davon sind wir überzeugt. Dass beispielsweise Privatversicherte nicht verpflichtend einbezogen werden, schwächt die Datenbasis. Hinzu kommt, dass eine zentrale Stelle fehlt, die die Daten sammelt und auswertet, um optimale Erkenntnisse und Ergebnisse zu erzielen.

Schade ist auch, dass Sie mit dem Gesetzentwurf nicht der Forderung nach einer vollständigen Kopplung der Daten der Früherkennung mit den Daten der Krebserkrankungen nachgekommen sind. So werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Nutzen der Früherkennung nicht voll ermitteln können.

Bei der Krebsfrüherkennung weiten Sie die organisierten Programme aus, beispielsweise die Einladungen in Zentren. Mit dieser Methode sie ist umstritten, weil der Nutzen noch nicht erwiesen ist ohne Not gewachsene Strukturen der Krebsfrüherkennung infrage zu stellen, bedeutet, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Warum installieren Sie das Einladungssystem nicht vorerst
ergänzend?

(Beifall bei der LINKEN)

Die wackligen Füße, auf denen das Gesetz in vielen Bereichen steht, macht es uns schwer, Kollege Henke, ihm einfach zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun haben Sie zum Gesetzentwurf noch Änderungsanträge gepackt, die auf aktuelle Probleme aufmerksam machen und bei Missständen Abhilfe schaffen sollen. Ich nenne als Beispiel die sogenannten Chefarztboni oder korruptives Verhalten. Aber damit ich möchte es zusammenfassen streuen Sie nur den Medien und der Bevölkerung Sand in die Augen. Gelöst wird nichts. Dem ernsthaften Problem, dass aufgrund von Bonuszahlungen für Chefärzte, Oberärztinnen und ärzte nicht nur mehr Operationen, sondern leider auch unnötige durchgeführt werden, mit Empfehlungen und Qualitätsberichten begegnen zu wollen, ist abstrus.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach unserer Meinung gehört jeder Anreiz, der Patientenwohl gefährden könnte, abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Grundgesetz die Gesundheit der Bevölkerung nicht besser schützt als die Vertragsfreiheit der Ärztinnen und Ärzte. Hier käme es auf die Nagelprobe an.

(Heinz Lanfermann (FDP): So simpel kann man das doch nicht sehen!)

Ähnlich ist Ihr Vorgehen bei korruptivem Verhalten von Ärztinnen und Ärzten. Diesem Interessenkonflikt nur mit einer besseren Datenübermittlung innerhalb des Selbstverwaltungssystems begegnen zu wollen, ist wie eine Filmkulisse: vorne Pappe, hinten nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Schade, dass Sie mit den Änderungsanträgen den insgesamt guten Ansatz des Gesetzentwurfs so vermurkst haben; aber das sind wir ja mittlerweile von Ihnen gewohnt. Weil das Ganze aber insgesamt ein gutes Anliegen ist, werden wir uns enthalten.
Ich danke.

(Beifall bei der LINKEN)