Sehr geehrte Damen und Herren,
was wir in der gestrigen Sitzung des Familienausschusses erleben konnten, war einmal mehr ein Beispiel dafür, mit welcher Herangehensweise von dieser Regierungskoalition und der sie tragenden Fraktionen eines der wichtigen Zukunftsthemen – die Kinder- und Jugendpolitik- abgehandelt wird. Nicht nur, dass dieser Themenbereich ohnehin schon äußerst selten durch Initiativen der Regierungsparteien auf der Tagesordnung des dafür zuständigen Ausschusses steht: Die Taktik scheint entweder Verschleppung der notwendigen Maßnahmen zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Angebote für Kinder- und Jugendliche oder aber eine Scheintätigkeit in den Punkten, zu denen die Regierung sich mit ihren eigenen Vorgaben verpflichtet, zu sein. Beide Eindrücke wurden gestern auf beispiellose Art und Weise untermauert. Zunächst wurde gestern im Ausschuss der nun zu beschließende Gesetzentwurf der CDU/CSU und FDP Fraktionen zur Vereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe behandelt. Dieser Entwurf behandelt längst überfällige Schritte.
So zum Beispiel eine Klarstellung in Sachen Förderung der Jugendorganisationen von Parteien und ihrer Arbeit. Interessant dabei: Der Jugendverband der LINKEN musste eine solche erst auf dem gerichtlichen Weg einklagen. Über Jahre hinweg wurde diesem Jugendverband vorenthalten, was anderen parteilichen Jugendverbänden seit Jahren gewährt wird. Auch jetzt wird lediglich die Förderfähigkeit grundsätzlich festgeschrieben. Konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige! Stattdessen Verschleppung, Handlungsunwillen an den Stellen, wo Entscheidungen und Maßnahmen notwendig wären.
Dass die Regierung einmal mehr versucht, wichtige Leistungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes durch sogenannte „Vereinfachungs – und Bürokratieabbaumaßnahmen“ zu beschneiden, war und ist nicht wirklich überraschend. Um so erfreulicher, dass die vorgesehene Regelung zur Vereinfachung der Kostenbeteiligung junger Menschen und ihrer Eltern in der Kinder- und Jugendhilfe bei stationären und teilstationären Leistungen sowie vorläufigen Maßnahmen wirklich noch einmal in einem Fachausschuss nachverhandelt wurde und durch - kurz vor der Ausschusssitzung eingereichte Änderungen der Koalitionsfraktionen soziale Härten verhindert werden. Eine Regelung, die keinerlei Anpassung der Kostenbeiträge vorsieht, wenn das Einkommen der Eltern im Laufe einer Maßnahme sinkt, wäre aus unserer Sicht nicht mit dem Grundgedanken des SGB VIII vereinbar.
Dass man im Fachausschuss dann aber auch parteiübergreifend und sachorientiert arbeitet, wäre dann wohl zu viel des Guten gewesen. Und so wurde ein fast gleichlautender Änderungsantrag unserer Fraktion abgelehnt.
Zu den Regelungen zum Umgang von Kindern mit ihren leiblichen aber nichtrechtlichen Vätern, die dieser Gesetzentwurf regelt, wurde die Regierungskoalition eher gejagt als getragen und bei der Befristung der Hilfen für die Betreuung von Kindern in Pflegefamilien muss der Gesetzentwurf weiterhin an Provisorien festhalten, weil die Ministerin Schröder auch hier ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat.
Und schließlich rund wird das Resümee - welches man gleichermaßen für die gestrige Ausschussitzung wie auch für das Engagement der Bundesregierung in Sachen Kinder- und Jugendpolitik ziehen kann - mit der Behandlung des 14. Kinder- und Jugendberichtes. Es wird einmal mehr deutlich: Diese Regierung und vor allem diese Familienministerin will an den sich immer mehr verschärfenden Zuständen in der Kinder- und Jugendhilfe nichts ändern, ja sie nicht einmal zu Kenntnis nehmen. Wie sonst ist es zu erklären, dass man umfassende Expertisen wie den Kinder- und Jugendbericht monatelang in den Schreibtischschubladen des Familienminsteriums schlummern lässt?
Wer 4 Jahre lang einen gesamten Politikbereich sträflich vernachlässigt, der, Frau Schröder, darf sich nicht wundern, wenn die Bewertung in Sachen Kinder- und Jugendpolitik Ungenügend lautet.
Vielen Dank