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Regierung kürzt bei der Jugendpolitik

Rede von Diana Golze,

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Nun endlich liegt er vor, der lange angekündigte Antrag der Regierungsfraktionen zur eigenständigen Jugendpolitik. Im Koalitionsvertrag von 2009 hatte man sich auf Aktivitäten dazu verständigt, inzwischen schreiben wir das Jahr 2012. Bislang widmete sich die Bundesregierung wenn überhaupt nur den Problemen, die Jugendliche machen und nicht den Problemen, die Jugendliche haben. Schauen wir uns also Ihre Vorhaben mal genauer an.

Ich zitiere aus dem Antrag: „Eigenständige Jugendpolitik bedeutet auch, gleiche Chancen am Start zu schaffen, ohne Ergebnisgleichheit am Ziel zu verordnen. Sie unterstützt Jugendliche, wo es nötig ist und befähigt sie, ohne zu bevormunden.“ Und weiter: „Junge Menschen mit sozialen Benachteiligungen oder individuellen Beeinträchtigungen haben oftmals einen besonderen Unterstützungsbedarf, dem durch passgenaue Maßnahmen Rechnung getragen werden muss, um gerechtere Startchancen für diese jungen Menschen zu schaffen.“ Zitat Ende.

Doch was tun Sie stattdessen? Sie kürzen beim Programm „Jugend stärken“. Sie kürzen im Bereich der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Gerade gestern haben Sie unseren Antrag abgelehnt, die diskriminierenden Regelungen bei jungen Erwachsenen unter 25 Jahren im SGB II zurückzunehmen. Dort muss ein Erwachsener ein Amt um Erlaubnis bitten, wenn er bei seinen Eltern ausziehen und eigenständig leben möchte. Der Regelsatz für Jugendliche in Bedarfsgemeinschaften beträgt nur 80 Prozent von dem eines alleinstehenden Erwachsenen. Sind Jugendliche keine ganzen Menschen? Ist das etwa Ihre eigenständige Jugendpolitik?

Auch in anderen Politikbereichen setzt sich die Gängelung der Jugendlichen fort. So müssen z.B. Jugendvereine ausgerechnet beim Bundesprogramm für Toleranz und Vielfalt eine sogenannte Extremismusklausel unterzeichnen, wenn sie Fördermittel bekommen wollen. Sie werden damit unter einen Generalverdacht gestellt und eigenständige Entscheidungen werden ihnen abgesprochen.

Immer wieder sind Gerichtsentscheidungen notwendig, um die Bundesregierung an die Rechtsstaatlichkeit ihrer Politik zu erinnern. Gerade in dieser Woche übergab das Sozialgericht Berlin die Frage der Höhe der Regelsätze im SGB II an das Bundesverfassungsgericht. Das Verwaltungsgericht Dresden beanstandete die Extremismusklausel. Ist das Ihre Art der Demokratiebildung, die Sie in Ihrem Antrag fordern?

Heute Nachmittag haben hier im Plenum die Regierungsfraktionen dem Bundestag begründet, warum sie das Jugendstrafrecht verschärfen wollen, in dem Sie den Warnschussarrest für jugendliche Straftäter ermöglichen. Von Förderung und Prävention war dabei keine Rede. Ist das der ganzheitliche Ansatz für diesen Lebensabschnitt, von dem im Antrag die Rede ist?

Das Wort Jugendarmut fehlt in Ihrem Antrag komplett. Wenn man dieses zunehmende Problem junger Menschen jedoch ausblendet, hilft auch eine „Allianz für Jugend“ nicht, denn wer das Problem nicht zur Kenntnis nehmen will, wird auch keine Lösungsansätze dafür entwickeln.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Nach der langen Phase der Ankündigung dieses Antrags hätte ich mir wahrlich mehr Interesse für die Lebenswirklichkeit junger Menschen in unserem Land gewünscht und daraus abgeleitet mehr und qualifiziertere Initiativen der Bundesregierung.