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Regierung hat Hausaufgaben nicht erledigt!

Rede von Frank Tempel,

Rede zum Protokoll zum Tagesordnungspunkt 9 "Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundesbesoldungs und -versorgungsanpassungsgesetzes 2014/2015 (BBVAnpG 2014/2015) Drucksache 18/1797"

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist ausgesprochen begrüßenswert, dass die Bundesregierung auch in diesem Jahr die Tarifergebnisse zeitnahe und inhaltsgleich für die Beamten übernimmt. Die Zugewinne für die niedrigen Besoldungsgruppen freut uns ebenso wie die angekündigte Vereinheitlichung der Urlaubstag auf 30 pro Jahr. Leider wird immer noch der Anteil für die Versorgungsrücklage von 0,2 Prozent bei jeder Stufe der Erhöhung abgezogen. Eine einmalige Berechnung pro Tarifrunde wäre deutlich gerechter. Mit dem Folgegesetz ab 2016 sollte dies geändert werden!  

Ich gehe nun aber fest davon aus, dass es den persönlichen Überzeugungen des Innenministers Dr. Thomas de Maizière entspricht, auch in kommenden Jahren die Übernahme der Tarifergebnisse genauso zu gestalten wie in diesem Jahr. Das ist aber kein Grund, sich jedes Mal als Fraktion so überschwänglich selbst zu feiern, wie es z.B. der Kollege Schuster gern macht. Jede Menge Hausaufgaben sind noch offen:

Die größte Unzufriedenheit bei den Bundes-Beamten ist die Wochenarbeitszeit.  Die 41 Wochenstunden der Beamten sollten auf das Maß der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes (West) mit 38,5 Wochenstunden abgesenkt werden. Es gibt, wie es der Vorsitzende des deutschen beamtenbundes (dbb) Klaus Dauderstädt im Gespräch mit dem Innenausschuss des Bundestages vor wenigen Tagen formulierte: „keinen Grund für geldwerte Sonderopfer der Beamten“. Eine Absenkung der Arbeitszeiten würde die Attraktivität des öffentlichen Dienstes erheblich steigern.

Sie wissen so gut wie ich, dass die öffentliche Hand im Wettbewerb um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger mit Gehaltssteigerungen als vielmehr mit familienfreundlichen Arbeitsbedingungen, flexible Lebensarbeitszeit-regelungen und einer besonders ausgeprägten Kultur der Mitbestimmung gewinnen kann. Angesichts der demographischen Entwicklung steht das Problem immer schärfer auf der Tagesordnung. In den kommenden zehn Jahren fehlen rund 700.000 Beschäftigte.

Die Arbeitszeitregelungen sind da ein zentrales Element der Attraktivitätssteigerung, aber auch Maßnahmen wie die Übernahme der Regelungen zur Mütterrente und der Rente mit 63 aus dem Bereich der Angestellten. In der Vergangenheit ist die Beamtenversorgung stets einbezogen worden, wenn es um Einschnitte in die Altersversorgung ging. Gerechterweise muss diese Übertragung vom Rentenbereich zur Beamtenversorgung auch gelten, wenn es zu Verbesserungen kommt.

Die mangelnde Attraktivität des öffentlichen Dienstes korrespondiert mit dem Problem der viel zu schmalen Einstellungskorridore. Wenn nicht im gleichen Maße ausgebildet und eingestellt wird, wie Beamte in die Versorgung gehen, nimmt die Arbeitsverdichtung immer mehr zu. Weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für eine gleichbleibend oder gar ansteigende Menge von Aufgaben zuständig. Das hat auf die Dauer physische und psychische Überforderungen, eine Qualitätsabnahme der Dienstleistungen und mittelfristig eine Gefährdung der öffentlichen Vorsorge zur Folge. Leider habe ich in den letzten vier Jahren meiner Tätigkeit im Bundestag nicht den politischen Willen auf Regierungsseite gesehen, grundhaft umzusteuern. Der Koalitionsvertrag, aber auch das bisherige Handeln der Großen Koalition macht mir allerdings keinen Mut, dass sich dies ändern wird.