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Regelsatzhöhe verstößt gegen die Menschenwürde und damit gegen das Grundgesetz

Rede von Elke Reinke,

Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste,

ich finde es immer wieder aufs Neue außerordentlich beschämend und respektlos, in welche Ecke manche Politiker Erwerbslose stellen.

In der vergangenen Sitzungswoche forderte DIE LINKE, auch Kindern aus Hartz-IV-Familien die 10 Euro Kindergelderhöhung zu lassen. Darauf fiel Herrn Romer von der CDU/CSU-Fraktion folgende Peinlichkeit ein:

„Ich kenne Beispiele, wo Kinder vernachlässigt werden und zusätzliche Mittel in Alkohol, Zigaretten oder einen neuen Flachbildfernseher fließen.“

- Das zeigt Ihr wahres Gesicht, Herr Romer!

In die gleiche Kerbe schlägt auch der Berliner Finanzsenator Sarrazin. Er meint, dass eine Regelsatzerhöhung in Flachbildschirme, Videorekorder und MP3-Player fließt, wodurch das Geld nach Fernost abwandert.

Das sagt also jemand, der unentwegt Sozialmissbrauch wittert. Ein führender Sozialdemokrat!
Wie arrogant und alltagsfern muss man sein, um so einen Mist zu verbreiten?

Es ist unerträglich, wie Menschen, die sowieso schon am sozialen Abgrund stehen, dauerhaft beleidigt und als „Sozialschmarotzer“ hingestellt werden.

Ich erinnere Sie an Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Nehmen Sie ihn endlich ernst!

Über die Schuldigen der Finanzmarktkrise spannen Sie einen milliardenschweren Rettungsschirm, ohne sie in Verantwortung zu nehmen. Aber Millionen Menschen, die unverschuldet erwerbslos wurden, lassen Sie im Regen stehen.

Familien, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner, Erwerbslose, Kranke, Behinderte, Migrantinnen und Migranten schauten beim Aufschwung in die Röhre und werden jetzt im Abschwung weiter geschröpft.

Nun kommt die Regierung mit einem zweifelhaften Konjunkturprogramm. Doch was hilft das den rund 7 Millionen Hartz-IV-Beziehenden, wenn sie von der Kfz-Steuer für Neuwagen befreit werden? Sie sind schon froh, ihre 15 Jahre alte Rostlaube behalten zu dürfen.

DIE LINKE fordert, die Regelsätze umgehend auf 435 Euro zu erhöhen.
Das würde die Binnennachfrage steigern und die Konjunktur ankurbeln.

Die damit steigenden Kosten der Unterkunft dürfen aber nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Hier ist klar der Bund gefordert, die zusätzlichen Kosten zu übernehmen. Schließlich wurde den Kommunen schon mit Einführung von Hartz IV eine Entlastung von 2,5 Mrd. Euro zugesichert.

Dies alles wäre ein erster Schritt in Richtung einer armutsfesten, repressionsfreien, einer wirklich sozialen Grundsicherung.
Man kann doch Menschen, die am Existenzminimum leben, nicht noch mehr belasten, während man die Reichen immer reicher werden lässt.

Das ist ein Widerspruch in sich und verstößt gegen die Menschenwürde!

Momentan decken die Grundsicherungsleistungen nicht annähernd das soziokulturelle Existenzminimum ab. Das sagt auch die Studie der Bundesagentur für Arbeit (IAB).

Eine ausgewogene, gesunde Ernährung ist kaum möglich, die Mittel reichen weder fürs Busticket noch für Medikamente. Von Teilhabe an Kultur kann keine Rede sein.

Und wann begreifen Sie endlich, dass Kinder einen eigenen Bedarf haben und nicht 60 beziehungsweise 80 Prozent Mensch sind? Und wann begreifen Sie auch, dass Kinder wachsen?

Nach dem aktuellen Existenzminimumbericht wurde von der Regierung eine minimale Erhöhung des Eckregelsatzes angekündigt. Eines ist klar: Jeder Cent zählt.

Aber die geplante Anhebung deckt nicht annähernd die gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel, Kleidung oder Spielsachen ab. DIE LINKE fordert, die Regelsatzhöhe an den Lebenshaltungskosten auszurichten.
Woran denn sonst?

Und für Bildung sind im Regelsatz nach wie vor sage und schreibe 0 Euro vorgesehen. Die Regierung betont doch immer, Bildung sei das beste Mittel gegen Armut. Aber Sie wollen, dass Hartz-IV-Beziehende systematisch von Bildung ausgeschlossen werden.
Ist das politische Absicht, frage ich mich!?

Die Bundesregierung stellt zudem immer wieder mit großer Heuchelei fest, dass sich die von ihnen sehr unschön bezeichneten, so genannten „bildungsfernen Schichten“ vergrößern.

Das ist in meinen Augen eine zynische Doppelmoral! Ihre Politik verfestigt Bildungsarmut!

Tja, und im kommenden Jahr steht pünktlich vor der Bundestagswahl die nächste Erhöhung des mickrigen Regelsatzes an. Glauben Sie mir: Die Betroffenen wissen ganz genau, wem sie ihr Elend zu verdanken haben.

Nicht umsonst gehen noch immer jeden Montag bundesweit viele Menschen auf die Straße. Vergangene Woche hatten wir in Aschersleben die 222. Montagsdemo.

Von Anfang an haben wir genau das gesagt, was nun das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts bestätigt hat:
Die Höhe der Hartz-IV-Regelleistungen verstößt gegen das Grundgesetz.

Hartz IV ist und bleibt Armut und Ausgrenzung per Gesetz! Hartz IV gehört abgeschafft!

Und solange Sie zulassen, dass die Schere zwischen Arm und Reich jeden Tag weiter auseinander geht, solange haben Sie kein Recht, das Wort „soziale Gerechtigkeit“ in den Mund zu nehmen!