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Reform des Transsexuellengesetz

Rede von Barbara Höll,

Reform des Transsexuellengesetz ermöglicht nun erstmals, dass ein verheirateter Transsxeuller Mensch mit der Anerkennung seines neuen Personenstands die Ehe nicht beenden muss, so wie dies zuvor im TSG vorgeschrieben war und vom BVG für verfassungsswidrig erklärt wurde.

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

Am 27. Mai 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht:
„Angesichts der Schwere der Beeinträchtigung, die ein verheirateter Transsexueller durch die Versagung der rechtlichen Anerkennung seiner empfundenen und gewandelten Geschlechtszugehörigkeit erfährt, wird § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung für nicht anwendbar erklärt.“
Das Bundesverfassungsgericht entschied damit, das verheiratete transsexuelle Menschen, die ihr Geschlecht angeglichen haben, nicht mehr gezwungen sind sich scheiden zu lassen. Bis dato erkannte der Staat die neu erlangte Gechlechtsidentität nur dann an, wenn sich Eheleute scheiden ließen. Das hieß: Der Staat zwang glücklich verheiratete Menschen zur Scheidung.

Vor nun fast 30 Jahren wurde in der Bundesrepublik das Transsexuellengesetz verabschiedet. Damals war es ein Fortschritt. Doch es ist inzwischen in die Jahre gekommen und entspricht heute nicht mehr der gesellschaftlichen Realität.

Seit Jahren fordern Betroffene eine Reform!
Aber was tun Sie?
Sie packen das Thema nicht an. Sie wehren ab. Erst wenn Betroffene es schaffen, sich bis zum Bundesverfassungsgericht vorzukämpfen, sind sie bereit zu reagieren, aber auf den letzten Drücker und möglichst unbemerkt.
Der vorgelegte Gesetzentwurf beschränkt sich ausschließlich auf die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils, statt das Problem insgesamt anzugehen und endlich die Erfahrungen der betroffenen aufzugreifen und mit Ihnen praktikable Lösungen zu finden.
Im Gegensatz zu Ihnen, sind wir diesen Weg gegangen.

Wir fordern, dass jeder Erwachsene einen neuen Vornamen annehmen kann, ohne dass dieser im Zusammenhang stehen muss zu seinem Geschlecht oder seiner Geschlechtsidentität.
Wir fordern, dass jeder Erwachsene ohne Einschränkungen seinen Personenstand verändern kann.
Wir fordern, dass das langwierige und demütigende Begutachtungssystem, überwunden wird.
Wir fordern, dass Transsexuelle nicht länger vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen an ihrer Geschlechtsangleichung gehindert werden.
Wir fordern insbesondere, die sofortige Streichung der Pflicht zur Fortpflanzungsunfähigkeit, da es ein eklatanter Eingriff in die Menschenrechte transsexueller Menschen ist.

Wir fordern, dass eine Liberalisierung des Vornamens - und Personenstandsrecht alle Menschen mehr Möglichkeiten schaffen soll.

Unsere Forderungen lassen sich in bestehende Gesetze integrieren. Ein Sondergesetz für Transsexuelle ist überflüssig.
Hiervon würden auch Transgender und Intersexuelle profitieren. Also Menschen die zwischen den Geschlechtern stehen. Doch sie ignorieren auch diese Menschen.

Wir können dem Gesetzentwurf der Grünen heute zustimmen, da dieser Gesetzentwurf unsere Forderungen aufgenommen hat und damit den Betroffenen gerecht wird.

Wir können dem Gesetzentwurf der FDP nicht zustimmen, denn dieser verharrt in unzulänglichen Sonderregelungen, statt eine grundsätzliche Liberalisierung ins Auge zu fassen.

Trotzdem stimmen wir dem Gesetz der Regierungskoalition zu.
Es bedeutet zumindest eine gewisse Verbesserung für die Betroffenen.
Und darüber hinaus freut uns, dass Sie mit diesem Gesetz zum ersten Mal die Ehe zwischen zwei Menschen des gleichen Geschlechts ermöglichen.
Damit werden zumindest ein Teil der Lesben und Schwulen, die sich für eine Partnerschaft entschieden haben nicht mehr wie deklassierte Eheleute vom Gesetzgeber betrachtet.
Wir hoffen, dass mit dem von Ihnen hier beschlossen Gesetz der Druck wächst, Menschen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Ehe gleichzustellen.

Stellen sie endlich alle Menschen gleich -
egal welche geschlechtliche oder sexuelle Orientierung oder Identität sie haben.

Akzeptieren Sie die Vielfalt dieser Gesellschaft, denn es geht nicht um einige Wenige. Es geht dabei um die Vielfalt der gesamten Gesellschaft.