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Rede zum Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zivilgesellschaftliches Engagement braucht Raum

Rede von Annette Groth,

Antrag "Zivilgesellschaftliches Engagement braucht Raum – Anti-NGO-Gesetze stoppen, Menschenrechtsverteidiger stärken", Drucksache 18/7908

Herr Präsident! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben es schon gehört: In vielen, vielen Ländern, mindestens über 60, sind die Rechte von NGOs und Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern – auch das steht in der Überschrift: Menschenrechtsverteidiger stärken – massiv beschnitten. Die über missliebige NGOs verhängten Maßnahmen reichen von einem Verbot dieser Organisationen über Gefängnisstrafen bis hin zum Entzug der Staatsangehörigkeit, zum Beispiel in Bahrain.

Man muss aber auch sagen, dass insbesondere aus dem Westen finanzierte NGOs in einigen Ländern keine gute Rolle gespielt haben. Am 13. Dezember 2013 erklärte die zuständige Abteilungsleiterin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, die US-Regierung habe seit 1991 rund 5 Milliarden Dollar für eine wohlhabende und demokratische Ukraine investiert. Dies ist eines von vielen Beispielen für den Missbrauch von sogenannter Demokratieförderung, die manchmal auch auf einen Regierungswechsel abzielt. Wir alle wissen, wie es heute in der Ukraine, im Irak oder in anderen Ländern aussieht.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Jetzt müssen Sie auch noch etwas zu Russland sagen!)

– Das kommt noch; Russland kommt auch. – Es ist höchst bedauerlich, dass unter der Instrumentalisierung einiger NGOs für politische Zwecke viele Menschenrechtsverteidiger und -verteidigerinnen leiden.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?)

Ein Beispiel für die Verfolgung von NGOs ist Ägypten. Dort werden seit vielen Jahren Aktivisten und Aktivistinnen und NGOs, die sich für Menschenrechte einsetzen, massiv bedroht und häufig gewaltsam an ihrer Arbeit gehindert. Viele von Ihnen werden sich erinnern, dass 2013 43 Mitglieder ausländischer NGOs verurteilt wurden. Das El-Nadeem-Zentrum für die Rehabilitierung von Folteropfern, das ich 2012 selbst besucht habe, ist derzeit von Schließung bedroht. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dieser international hoch geschätzten einzigen Anlaufstelle für Folteropfer leisten dort seit 1993 eine hervorragende Arbeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie im Antrag der Grünen richtig erwähnt wird, wächst auch in Israel seit Jahren der Druck auf die Friedensbewegung und auf NGOs, die gegen Menschenrechtsverletzungen kämpfen. Die Organisation Breaking the Silence, selbst von Armeeangehörigen gegründet, macht von Soldaten und Soldatinnen begangene Verbrechen bekannt. Diese international hoch angesehene NGO wird jetzt von der israelischen Regierung als Verräter bezeichnet und ist vom Verbot bedroht. Es läuft zurzeit eine internationale Kampagne, um diese Menschen zu schützen.

(Beifall der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Seit Monaten läuft eine von Justizministerin Shaked initiierte Kampagne gegen ausländische NGOs. Das Kabinett hat im letzten Dezember ein Gesetz beschlossen, das aus dem Ausland finanzierte NGOs verpflichtet, immer ihre Geldgeber anzugeben. Mehrere israelische Medien sprachen damals von einem Gesetz à la Putin. Natürlich müssen auch Russland und China kritisiert werden, weil auch dort der Umgang mit NGOs und Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern nicht doll ist.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Aha!)

Die Aussage des Antrags, dass die Behinderung und Einschränkung von NGOs keineswegs nur Praxis von autoritären oder diktatorischen Regimes, sondern auch von Dr. Bernd Fabritius Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. April 2016 16185 (A) (C) (B) (D) demokratischen Staaten ist, trifft zu. Anzumerken seien hier zum Beispiel die restriktiven Mediengesetze und die massive Einschüchterung von NGOs in der Türkei, in Ungarn und Polen. Leider fehlt in dem Antrag eine Erwähnung des 2009 in Deutschland eingeführten § 51 Absatz 3 Abgabenordnung, der dazu dient, missliebigen NGOs die Gemeinnützigkeit zu verweigern. Ein Beispiel hierfür ist die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, bei der zurzeit auch die Gefahr besteht, dass ihr die Gemeinnützigkeit aberkannt wird. Das wäre schrecklich.

Vizepräsident Peter Hintze: Frau Kollegin, es ist so, dass Ihre Redezeit weit überschritten ist.

Annette Groth (DIE LINKE): Ich entschuldige mich. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN)